„Hier kann man das erlernte Wissen auch anwenden und mit den eigenen Händen umsetzen“

Porträt Jasmin Calmbachprivat

Wie können wir die Welt für unsere Generation und alle, die danach kommen, lebenswerter machen? Mit mehr Bewusstsein beispielsweise beim Energieverbrauch, Reisen, Konsum und Recycling auch im privaten Alltag? Darüber und über die Begrenztheit der Ressourcen hat sich Jasmin Calmbach bereits als Jugendliche viele Gedanken gemacht. Aufgewachsen am Rande der Schwäbischen Alb, arbeitete sie schon zu Schulzeiten in einer EineWelt-AG mit, war in der Hochschulgruppe Greening Stuttgart aktiv, half unter anderem beim Campus-Garten-Projekt, leitete Klasse-Klima-Schulprojekte und engagierte sich im Jugendbeirat der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg.

Im Oktober 2019, nach ihrem Bachelor-Abschluss der Technischen Kybernetik an der Universität Stuttgart, begann die heute 26-Jährige ein Masterstudium der Regenerativen Energietechnik an der Technischen Universität Ilmenau in Thüringen. Über ihr Engagement für das Thema Nachhaltigkeit wurden die Veranstalter des diesjährigen Tags der Deutschen Einheit auf die Studentin aufmerksam und machten sie zur Einheitsbotschafterin für das Land Baden-Württemberg. Am 3. Oktober 2021 nahm sie am Festakt in Halle teil und berichtete von ihren Erfahrungen in den alten und neuen Bundesländern.

Nah an aktuellen Forschungsthemen

TU Ilmenau

Bei der Entscheidung für Ilmenau spielte die Ost-West-Frage keine Rolle für Jasmin: „Ich habe mich nie gefragt, ob ich in den Osten oder Westen gehe. Für mich ist es selbstverständlich, dass Ost und West eine Einheit sind.“ Vielmehr waren es vor allem das fachliche Angebot und das gute Betreuungsverhältnis an der TU Ilmenau, was sie von Stuttgart nach Ilmenau gezogen hat: "Mein Studiengang Regenerative Energietechnik ist sehr interdisziplinär, nah an aktuellen Forschungsthemen im Bereich der zukünftigen Energieversorgung und durch die kleine Studierendenzahl mit exzellenter Betreuung. Inmitten der schönen Natur des Thüringer Waldes kann man in familiärer Atmosphäre studieren und sich in vielfältigen Vereinen engagieren. Diese Kombination gibt es an nur wenigen anderen Orten und macht die Zeit hier sehr einzigartig."

Im Studium beschäftigen sich Jasmin und ihre Mitstudierenden mit verschiedenen Themen der aktuellen Energieforschung: „Dabei setzen wir uns einerseits mit der Stromerzeugung durch Photovoltaikzellen und der Speicherung des elektrischen Stroms mittels Batterie- oder Brennstoffzellen auseinander. Andererseits lernen wir auch Bereiche der Elektroenergiesystemtechnik sowie thermischer Energiesysteme kennen.“ Die Theorie wird dabei meist durch vielfältige Laborpraktika begleitet: „Während eines Laborpraktikums am Fachgebiet Grundlagen von Energiematerialien bekomme ich derzeit Einblicke in die Forschung für effiziente photoelektrochemische Wasserspaltung (PEC) mittels komplexer Halbleiterstrukturen und untersuche im Reinraum die Oberfläche der PEC-Zelle. Die Arbeit im Labor macht viel Spaß, da man nicht nur Konzepte plant, sondern das erlernte Wissen anwenden und mit den eigenen Händen umsetzen kann.“

Darüber hinaus hat Jasmin als Hiwi im Fachgebiet Elektrische Energieversorgung im Projekt „ZO.RRO“ – Zero Carbon Cross Energy System mitgearbeitet und konnte bei einem Auslandssemester an der NTNU (Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens) viel über die Regelung des Stromnetzes und den nordischen Energiemarkt lernen.

Ausgleich durch Sport und Akademisches Orchester

Thiemo Reindel

Aber auch außerhalb von Hörsaal, Schreibtisch und Labor ist Jasmin in Ilmenau aktiv. Anfang Oktober begleitete sie unmittelbar nach dem Tag der Deutschen Einheit als Tutorin die neuen Ilmenauer Studierenden während der Studieneinführungswoche (ErstiWoche). Derzeit konzentriert sie sich vor allem auf ihre Abschlussarbeit und engagiert sich darüber hinaus in der Studiengangskommission des Studiengangs Regenerative Energietechnik und der Studienkommission der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften. Einen Ausgleich zum Studium findet sie in der Natur beim Bergsteigen oder Fahrradfahren oder beim Musizieren als 2. Violine im Akademischen Orchester.

Spätestens nach ihrem Studium möchte Jasmin weiter daran mitarbeiten, die Energiewende in Deutschland voranzubringen: „Der Atom- und Kohleausstieg ist längst überfällig“, findet die Studentin: „Diese konventionellen Erzeugungsanlagen müssen schleunigst durch regenerative Energiequellen ersetzt werden, um eine CO2-neutrale, ressourcenschonende und gleichzeitig sichere und bezahlbare Stromversorgung zu gewährleisten. Die Dekarbonisierung im Stromsektor ist jedoch nur ein Teil der Lösung der globalen Energieprobleme. So müssen wir beispielsweise auch unsere Mobilitätskonzepte überdenken und unser Konsumverhalten anpassen. An der Uni entwickeln wir dazu neue Technologien, die uns auf diesem Weg unterstützen können.“

„Es gibt so viele Möglichkeiten!“

Mit ihrem Masterabschluss hat Jasmin Calmbach vielfältige Möglichkeiten, an dieser Entwicklung oder der Umsetzung dieser Technologien mitzuarbeiten, und auch was ihren Arbeitsort angeht, stehen der jungen Frau viele Optionen offen. Im Rahmen eines Praktikums bei den Stadtwerken Ulm konnte sie vor ein paar Jahren bereits erste Arbeitserfahrungen im Bereich des Betriebs und der Instandhaltung von Erzeugungsanlagen machen: „Auch die Arbeit bei einem Energieversorger oder Netzbetreiber ist durch das interdisziplinäre Studium möglich, oder eine Tätigkeit in der Politikberatung, um Entscheidungen für die Energiewende direkt vorantreiben zu können.Ich bin gerade dabei, meine Optionen abzuwägen. Es gibt so viele Möglichkeiten!“

Obwohl Jasmin mit Leib und Seele Baden-Württembergerin ist, könnte sie sich gut vorstellen, auch nach ihrem Abschluss für einige Zeit in Thüringen zu bleiben – zum Beispiel als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Ilmenau: „Das mit den Bergen und dem vielen Grün ist ja auch ein bisschen wie zu Hause!“