Forschung

Verbundprojekt NetÖV: Weiterbildungsplattform für die Mobilitätsbranche

Die TU Ilmenau ist wissenschaftlicher Partner im Verbundprojekt „Vernetzung von digitalen Wissens- und Lernplattformen zur personalisierten Weiterbildung und zum kooperativen Wissensaustausch in der Mobilitätsbranche“, kurz: NetÖV. Die Kick-off-Veranstaltung fand am 10. Dezember im Rahmen eines Online-Meetings statt.

NetÖV | VDV-Akademie

Das Forschungsvorhaben gehört zu den Gewinnerprojekten, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Innovationswettbewerbs „INIVITE – Digitale Plattform berufliche Weiterbildung“ für eine Förderung ausgewählt wurden. Das mit insgesamt 88 Millionen Euro ausgestattete und über drei Jahre laufende Programm soll vor dem Hintergrund einer von tiefgreifenden Transformationsprozessen geprägten, digitalisierten Arbeitswelt einen bedeutenden Beitrag für die Bewältigung der enormen Herausforderungen an eine zeitgemäße Weiterbildung leisten. 

Optimierung des digitalen Weiterbildungsraumes für die Mobilitätsbranche

Das Projekt NetÖV ist in diesem Kontext speziell auf die Optimierung des digitalen Weiterbildungsraumes für die rund 400.000 Beschäftigten im Öffentlichen Personenverkehr der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet und wird mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert.

Ziel des Vorhabens ist es, die vielfältigen digitalen Bildungs-, Wissens- und Informationsräume in der Mobilitätsbranche miteinander zu vernetzen und über eine zentrale webbasierte Weiterbildungsplattform zugänglich zu machen. Darüber hinaus soll ein Empfehlungssystem etabliert werden, das sowohl Weiterbildungsinteressierten als auch -anbietern passgenaue Angebote vorschlägt. Parallel entsteht ein Netzwerk für den unternehmensübergreifenden und informellen Expertenaustausch.

Die TU Ilmenau ist mit den Fachgebieten Medienproduktion und Nutzerzentrierte Analyse von Multimediadaten in das Vorhaben eingebunden und wird mit rund 800.000 Euro gefördert. Gemeinsam mit sieben Unternehmen, Akademien und Verbänden setzt das Forscherteam um Juniorprofessor Matthias Hirth die insgesamt sechs Arbeitspakete des Projekts um. Zur Erprobung und Evaluation des Systems sind weiterhin sieben Verkehrsunternehmen von München über Dresden bis Hamburg als assoziierte Partner im Boot. Im Rahmen von Seminarprojekten und Abschlussarbeiten werden auch Studierende der Medientechnologie in die Forschungsarbeiten eingebunden.

Lösung von Zukunftsfragen in Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis

Die Verbundkoordination liegt bei der VDV-Akademie, die unter dem Dach des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) die Qualitätssicherung von Aus- und Weiterbildung im öffentlichen Personenverkehr und Schienengüterverkehr verantwortet. Projektleiterin Stefanie Menke: "Neue Technologien, nachhaltige Mobilitätskonzepte und Digitalisierung bedingen einen enormen Weiterbildungsbedarf in allen Bereichen der Branche, vom Fahrpersonal über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Technikbereich bis hin zu den Verantwortlichen für Personalentwicklung und Marketing. Dementsprechend ist auf dem Weiterbildungsmarkt eine Fülle an Angeboten entstanden, die es Weiterbildungsinteressierten und den Weiterbildungsverantwortlichen in den Verkehrsunternehmen immer schwieriger macht, den Überblick zu behalten."

Mit dem Projekt NetÖV soll ein wesentlich einfacherer, bedarfsgerechter Zugang zu den verschiedenen Angeboten realisiert werden. Als Praxispartner freuen wir uns sehr, für die Lösung dieser komplexen Aufgabe die TU Ilmenau mit ihrer wissenschaftlichen Expertise gewonnen zu haben.

Vernetzung von elf Bildungs- und Wissensräumen

Der Fokus des Projekts NetÖV liegt darauf, den Bedarf verschiedener Nutzergruppen so zielgerichtet wie möglich zu decken. Dazu führen die Forscherinnen und Forscher der TU Ilmenau zunächst eine Anforderungsanalyse durch und leiten im nächsten Schritt funktionale und gestalterische Empfehlungen für die nutzerzentrierte, webbasierte NetÖV-Plattform ab. Nicht weniger als elf digitale Bildungs-, Wissens- und Informationsräume der Mobilitätsbranche sollen hier zu einer frei zugänglichen Plattform miteinander vernetzt werden. Anschließend wird ein Empfehlungssystem für passgenaue Angebote entworfen und implementiert. „Ob so genannte formale Angebote, die zu einem Abschluss führen, wie beispielsweise ein Vorbereitungslehrgang für eine IHK-Prüfung zum Fachwirt oder zur Fachwirtin für Personenverkehr oder ob non-formale Kurse ohne formalen Abschluss, wie etwa eine Weiterbildung für Ausbilder und Ausbilderinnen im Straßenbahnbereich – unser Ziel ist es, allen Interessierten die für sie relevanten Weiterbildungsangebote schnell und einfach zugänglich zu machen“, erläutert Juniorprofessor Hirth. Weitere Nutzergruppen sind Unternehmen für Aus- und Weiterbildung und freie Dozentinnen und Dozenten, die ihre Angebote am Markt platzieren und verkaufen wollen. Fachvorgesetzte, Verantwortliche für die Personalentwicklung und Betriebsräte von Verkehrsunternehmen haben die Beratung und Information zur Aus- und Weiterbildung im Blick. Fachexpertinnen und -experten möchten ihr Wissen zum Aufgabenfeld kollaborativ austauschen. „Für all diese unterschiedlichen Bedürfnisse soll NetÖV ein passgenaues Angebot liefern“, ergänzt der Ilmenauer Projektleiter.

Perspektivisch führt ein einfacher, nutzerorientierter Zugang zu einer höheren Beteiligung an berufsbezogener Weiterbildung. So wollen wir mit dem Projekt auch einen Beitrag zum lebenslangen Lernen leisten.

Personalisiertes Empfehlungssystem für alle Nutzergruppen

Für die Realisierung personalisierter Weiterbildungsempfehlungen setzen die Wissenschaftler Methoden aus Empfehlungssystemen ein, die – ähnlich den bekannten Onlineshopping-Systemen – auf den in der Plattform verfügbaren Metadaten und dem Verhalten der Nutzenden basieren. Für das Gruppieren der Weiterbildungsinteressierten verwendet das Forscherteam der TU Ilmenau Clusteringalgorithmen. Im Rahmen des Entwicklungsprozesses werden bereits frühzeitig Prototypen erstellt und mit den Anwenderinnen und Anwendern getestet. Diese so genannten iterativen Evaluationen ermöglichen es, alle Nutzergruppen von Beginn an mit einzubeziehen und die Branche für das kommende Angebot zu sensibilisieren. Dabei nähert sich das Forscherteam mit wiederholten Rechengängen der jeweils exakten Lösung schrittweise an.

Initiierung eines informellen Expertennetzwerks

Neben der Weiterbildung in Form von Lehrgängen, Kursen und Seminaren spielt im Arbeitsalltag die informelle Bildung eine große Rolle. Informelles Lernen bezeichnet ein Lernen in Lebenszusammenhängen, das vor allem als ein Lernen außerhalb des formalen (Weiter-)Bildungswesens angesehen wurden. Schnell Informationen austauschen und Good-Practices-Beispiele finden, funktioniert besonders gut, wenn auf ein Netzwerk aus Expertinnen und Experten zurückgegriffen werden kann. Das Projekt dient damit auch der Initiierung eines Expertennetzwerks zur informellen Weiterbildung. Insgesamt wird das Vorhaben einen wichtigen Beitrag leisten, die mit der Mobilität der Zukunft verbundenen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit des Mobilitätstandortes Deutschland zu erhalten.

Kontakt

Juniorprofessor Matthias Hirth

Nutzerzentrierte Analyse von Multimediadaten