Forschung

„Wir möchten ganz auf die Batterie verzichten“

Energieeffizient und günstig – durch diese Eigenschaften zeichnet sich die Datenübertragung in Low Power Area Networks aus. Prof. Jörg Robert, Leiter des Fachgebiets Zuverlässige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, möchte das Kommunikationssystem weiter optimieren und die im Netz verwendeten Sensoren stromsparender und kleiner bauen. In einem Reallabor über den Dächern Ilmenaus erprobt der Wissenschaftler die Technologie für Messungen in verschiedenen Anwendungen.

TU Ilmenau/Eleonora Hamburg
Die neue Basisstation auf dem Dach des Helmholtzbaus empfängt und überträgt geringfügige Datenmengen im LPWAN-System und dient als Reallabor für verschiedene Forschungsprojekte.

„In der Energiewende sind stromsparende und kostengünstige Technologien gefragter denn je“, weiß Prof. Jörg Robert, Leiter des Fachgebiets Zuverlässige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation an der TU Ilmenau. Für diesen Zweck nutzt der Wissenschaftler sein Know-how aus dem Bereich der Funktechnik und entwickelt energieeffiziente Sensoren, die in so genannten Low Power Area Networks (LPWAN) zum Einsatz kommen. Angebracht an Heizkörpern, in Wasserzählern oder im Freien erfassen sie Daten wie Raumtemperatur, Wasserverbrauch oder Luftfeuchtigkeit. Die Signale werden an eine Empfangsstation gesendet und im Anschluss an Rechnern ausgewertet. Prof. Robert erklärt, für welche Anwendungen sich LPWAN-Netze besonders gut eignen:

LPWAN sind ähnlich wie WLAN Kommunikationssysteme zur Datenübertragung, in denen jedoch nur geringfügige Datenmengen wie Messwerte übertragen werden. Das reicht für eine Vielzahl von Applikationen vollkommen aus. Anhand der erfassten Parameter kann man dann vorhersagen, ob beispielsweise das Stromnetz überlastet ist oder ob Waldbrandgefahr herrscht. Genau dafür sind solche Systeme gedacht.

LPWAN-Kommunikationssysteme verbrauchen nur wenig Strom und gelten daher als besonders energieeffizient. Angetrieben mit einer Batterie haben die Sensoren, die im Netzwerk genutzt werden, eine Lebensdauer von zehn Jahren. Mit einer Größe von weniger als einem Kubikzentimeter sind sie zudem klein und unauffällig und können so problemlos in Gebäuden, an verschiedenen Standorten einer Stadt oder auf einer Naturfläche platziert werden. Zu hundertrausenden verteilt unterstützen sie ihre Nutzerinnen und Nutzer bei Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs in verschiedenen Anwendungsbereichen.

Um den Stromverbrauch der Sensoren weiter zu reduzieren und sie umweltfreundlicher zu machen, hat sich Prof. Jörg Robert das Forschungsziel gesetzt, die in den Sensoren eingebaute Batterie durch Alternativen wie die Solarzelle oder thermoelektrische Generatoren zu ersetzen:

Wir untersuchen derzeit unterschiedliche Möglichkeiten, den Energieverbrauch weiter zu minimieren. Unser Ziel ist es, irgendwann gar keine Batterien mehr verwenden zu müssen. Für verschiedenste Anwendungen, insbesondere in der Natur, wäre das sehr praktisch, denn dann müsste die Batterie gar nicht mehr ausgetauscht werden.

Da die Batterie den Großteil der Fläche einnehme, würden die Sensoren mit alternativen Stromquellen noch kleiner gebaut werden.

Einsatz am Münchener Flughafen

Um herauszufinden, wie Sensordaten mit noch geringerem Energieverbrauch im LPWAN-Netzwerk übertragen werden können, haben Prof. Robert und sein Team ein LPWAN-Testbed in Ilmenau aufgebaut. Auf dem Dach des Helmholtzbaus sowie auf einer Amateurfunkstation an der Pörlitzer Höhe wurden mit Unterstützung des Deutschen Amateur-Radio-Club e.V. vor Ort zwei Basisstationen errichtet. Eine weitere Station in der Stadt ist derzeit in Planung. Sie dienen den Wissenschaftlern als Reallabor, wie der Fachgebietsleiter erklärt:

Im Testbed können wir in Zusammenarbeit mit der Stadt Ilmenau eine Reihe von Anwendungen testen – zum Beispiel die Überwachung der Flusspegel, die Überprüfung des Wassergehalts des Bodens oder das automatisierte Ablesen von Strom. So erhalten wir wichtige Rückmeldungen von der Anwenderseite, die uns Rückschlüsse darüber geben, wie wir unsere Sensoren weiter optimieren und noch energieeffizienter bauen können.

Auch für weitere Forschungsprojekte werde das Testbed genutzt werden.

In einem Labor werden die gesammelten Daten dekodiert und im Anschluss an die Kooperationspartner weitergegeben. Neben einer Kooperation mit den Ilmenauer Stadtwerken arbeitet das junge Fachgebiet von Prof. Jörg Robert, das seit Februar 2021 besteht, auch mit dem Flughafen München zusammen. Das Unternehmen nutzt das von Prof. Robert am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen mitentwickelte LPWAN-System, MIOTY, zur Optimierung ihrer Klimaanlage. Die kostengünstige Technologie erlaubt es dem Flughafen, eine Vielzahl an Funksensoren anzubringen und somit ihre Klimaanlage präziser steuern zu können. Interessierten wie Studierenden oder Start-up-Gründern stellt der Professor eine Open Source-Version des MIOTY-Systems kostenlos zum Ausprobieren zur Verfügung:

Es gibt verschiedene Systeme und Anbieter auf dem Markt. Das MIOTY-System wird jedoch immer gefragter, weil es auch bei vielen Sensoren, die sich auf einen Standort konzentrieren, reibungslos arbeitet und somit besonders robust ist.

Intelligente Kommunikationstechnologien

Die anwendungsorientierte Forschung am Fachgebiet Zuverlässige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation befasst sich neben der Weiterentwicklung der Sensortechnik im LPWAN-System mit dem Internet der Dinge. Die Forscher untersuchen, wie Alltagsgegenstände intelligent miteinander kommunizieren können, um tägliche Abläufe zu optimieren. Dabei treiben sie den Mobilfunkstandard 6G voran. Studierende ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge werden schon frühzeitig in die Forschung einbezogen und übernehmen eigenverantwortlich Aufgaben, darunter das Vornehmen von Messungen oder die Simulation von Technologievorschlägen, die dann im Rahmen der 6G-Entwicklung genutzt werden.

Mit seiner Berufung zum Fachgebietsleiter kehrt Prof. Jörg Robert zu seinen Wurzeln zurück. 2000 studierte er an der TU Ilmenau Elektrotechnik und Informationstechnik. Später forschte er am Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig zum Themengebiet des digitalen Fernsehens. Hier war er aktiv an der Entwicklung von DVB-T2 beteiligt, der zweiten Generation des digitalen Antennen-Fernsehens. Im Jahr 2013 promovierte er an der TU Braunschweig zum Thema „Terrestrial TV Broadcast using Multi-Antenna Systems“. Bereits im Jahr 2012 wechselte er an den Lehrstuhl LIKE der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. In seinem Forschungsschwerpunkt LPWAN leitete er die internationale Standardisierung von LPWAN innerhalb von IEEE 802.

Neben seiner Professur an der TU Ilmenau ist Prof. Jörg Robert am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Ilmenau und Erlangen tätig. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden des Instituts sowie mit mehreren Fachgebieten der TU Ilmenau möchte Prof. Jörg Robert sein Fachgebiet weiter ausbauen:

Mit meiner Professur möchte ich einen Fußabdruck in der Wissenschaft hinterlassen. Das sehr gute Umfeld an der TU Ilmenau und die enge Vernetzung der Akteurinnen und Akteure sind optimale Bedingungen dafür.

Das LPWAN-Testbed ist eines von fünf Pilotprojekten, die am Leistungszentrum Intelligente Signalanalyse- und Assistenzsysteme InSignA durchgeführt werden. Das Leistungszentrum wurde im März 2021 gestartet und will sich als Forschungs- und Entwicklungspartner für produzierende Unternehmen sowie für Energieversorger und Robotik-Firmen etablieren. Durch die enge Zusammenarbeit der Forschungseinrichtungen im Leistungszentrum mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Region sollen die Firmen eine direkte Unterstützung hinsichtlich ihrer Produktentwicklungen und Innovationen erhalten. Im Leistungszentrum arbeiten die TU Ilmenau, fünf Thüringer Fraunhofer-Einrichtungen und das IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH zusammen.

Kontakt

Prof. Jörg Robert

Leiter des Fachgebiets für Zuverlässige Maschine-zu-Maschine-Kommunikation