Menschen

In Memoriam Prof. Dr. Klaus Handrich

Das Institut für Physik und die Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften trauern um den ehemaligen Leiter des Fachgebiets „Theoretische Physik I“ und zeitweiligen Institutsdirektor Prof. Dr. Klaus Handrich, der am 29. Dezember 2023 verstorben ist. Sein Einsatz für die Physik in Ilmenau und sein Ruf trugen wesentlich dazu bei, dass es heute an der TU Ilmenau möglich ist, Technische Physik zu studieren.

Klaus Dieter Handrich kam am 7. September 1939 in Hoyerswerda zur Welt. Er absolvierte sein Physikstudium an der Universität Leipzig, wo er im Jahr 1962 das Diplom erwarb. Nach einem längeren Forschungsaufenthalt an der Lomonossow-Universität in Moskau erlangte er im Jahr 1967 seinen Doktortitel. 1973 folgte die zweite Promotion ("Dr. B") an der TU Dresden, was heute der Habilitation entspricht.

In einer wegweisenden Veröffentlichung, die nur vier maschinengeschriebene Seiten umfasste, hatte Klaus Dieter Handrich im Jahr 1969 das geschaffen, was heute als das Handrich-Modell Amorpher Ferro- und Ferrimagneten bekannt ist. Über die eigentliche Fragestellung hinausgehend hat das Modell Bedeutung als frühe Anwendung von Methoden der Statistischen Physik auf strukturell ungeordnete Systeme. Diese wegweisende Arbeit und weitere bedeutende, international beachtete Veröffentlichungen wurden in das Buch "Amorphe Ferro- und Ferrimagnetika" integriert. Klaus Dieter Handrich, zu dieser Zeit bereits Dozent an der Technischen Hochschule Merseburg, verfasste dieses Buch gemeinsam mit seinem Dresdner Kollegen, Prof. Dr. Siegesmund Kobe. Ursprünglich wurde das Buch vom Akademie-Verlag veröffentlicht und aufgrund seiner anhaltenden Bedeutung wurde es vor Kurzem vom De Gruyter-Verlag als eBook neu aufgelegt.

Im Jahr 1988 wurde Klaus Handrich als Nachfolger von Prof. Paasch auf die Professur für Theoretische Physik an die Technische Hochschule in Ilmenau berufen. Wie die inoffizielle Instituts-Chronik „Das Institut für Physik der TU Ilmenau im Zeitenwandel“ von Christoph Schnittler und Gottfried Teichmann festhält, brachte er als neues Arbeitsgebiet die Statistische Physik mit nach Ilmenau und trug damit wesentlich zur heutigen Ausrichtung desselben bei. Einen schönen Abschluss seiner offiziellen Berufstätigkeit stellt die kurz nach Prof. Handrichs Pensionierung erschiene Arbeit „Quantum mechanical magnetic-field-gradient drift velocity: An analytically solvable model“ dar, die er als alleiniger Autor 2005 in der international renommierten Zeitschrift Physical Review B veröffentlichte. Jede Physikerin und jeder Physiker kennt die Schrödinger-Gleichung als die Grundlage der Quantenmechanik. Für diese Gleichung sind bisher aber nur einige wenige explizite analytischer Lösungen in Spezialfällen wie etwa für das Wasserstoff-Atom bekannt. Diese kurze Liste konnte Klaus Handrich um eine weitere Lösung bereichern, nämlich den Fall eines Elektrons in einem speziellen, räumlich inhomogenen magnetischen Feld. Er entwickelte einen methodischen Ansatz, der zu weiteren analytischen Lösungen führen kann.

Prof. Klaus Handrich ist bis heute, etwa zwanzig Jahre nach seiner Pensionierung, noch sehr präsent im Bewusstsein des Instituts für Physik. Das liegt zum einen an seiner anhaltenden Bereitschaft zu helfen, wo immer er konnte, so etwa durch Hospitationen zur Beurteilung und Beratung aktiver Kolleginnen und Kollegen. Zum anderen kam er bis zur Corona-Zeit noch regelmäßig zu den physikalischen Kolloquia und den anschließenden Nachsitzungen.

Dort gab es viele Geschichten zu erzählen, besonders aus den "wilden" Jahren nach der Wende. In dieser Phase initiierte Klaus Dieter Handrich gemeinsam mit Kollegen wie Prof. Gobsch, Prof. Schnittler und später Prof. Schäfer gleich zweimal einen Physik-Studiengang an der mittlerweile zur Technischen Universität gewordenen Technischen Hochschule – das erste Mal vielleicht etwas auf der falschen Seite der bürokratischen Grenzen, aber im zweiten Anlauf umso erfolgreicher. Bei Nachbesprechungen und ähnlichen Gelegenheiten war Prof. Handrich stets offen für Diskussionen und sorgte mit seinem humorvollen Wesen für gute Stimmung. Über alles konnte man mit ihm zum gegenseitigen Vorteil diskutieren, nur nicht über Johann Sebastian Bach – diesen verehrte er über alles, für ihn war Bach unvergleichlich.

Solche Erinnerungen, genauso wie die Hochachtung für sein wissenschaftliches Werk, werden noch lange Teil des kollektiven Bewusstseins des Instituts für Physik und der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften sein. Dafür sind diese Prof. Dr. Klaus Handrich dankbar. Sie werden ihn in lebendiger Erinnerung behalten und ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.