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Ehrung für Begründer der „Regelungstechnischen Schule“ Prof. Karl Reinisch

Am 21. August 2021 jährte sich der Geburtstag von Prof. em. Dr.-Ing. habil. Dr. E.h. Karl Reinisch zum 100. Mal. Aus diesem Anlass hatte die Fakultät für Informatik und Automatisierung (IA) am 22. August zu einer Ehrenveranstaltung zum Gedenken an den Begründer der international renommierten systemtechnisch geprägten „Regelungstechnischen Schule“ und damit maßgeblichen Mitbegründer der heutigen Fakultät eingeladen.

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Professor Karl Reinisch

Zur Ehrenveranstaltung für Professor Reinisch kamen Weggefährten, ehemalige Schüler und heutige Professoren und Mitarbeiter der Fakultät IA im Helmholtzhörsaal der TU Ilmenau zusammen.

Nach der Begrüßung durch den heutigen Präsidenten der TU Ilmenau, Professor Kai-Uwe Sattler, würdigte Professor Horst Puta, der 1986 die Leitung der Forschungsgruppe „Systemoptimierung“ von Prof. Reinisch übernommen hatte, die Pionierleistungen und hohen Verdienste Prof. Reinischs um die Entwicklung von Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Automatisierungs- und Systemtechnik.

Karl Reinisch hatte nach dem II. Weltkrieg an der damaligen Technischen Hochschule Dresden Elektrotechnik studiert und war dort 1953 von seinem Lehrer, Prof. Georg Mierdel, angeregt worden, sich mit dem damals neuen Gebiet der Regelungswissenschaften zu beschäftigen. So entstand aus der Feder von Karl Reinisch die erste Dissertation auf dem Gebiet der Regelungstechnik in der damaligen DDR.

Zukunftsorientierter Systemansatz  

1960 wurde er an die damalige Hochschule für Elektrotechnik Ilmenau berufen, wo er das Institut für Regelungstechnik aufbaute, zum Institut Automatische Steuerungen ausbaute und bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1986 leitete. Dabei war es Karl Reinisch von Anfang ein Anliegen, die Regelungstechnik mit der Modellierung und Optimierung zum ganzheitlichen Steuerungsentwurf der Technischen Kybernetik zu verknüpfen. Aus diesem zukunftsorientierten Ansatz konnten unter seiner Leitung insbesondere Strategien zur hierarchischen und mehrkriteriellen Optimierung vor allem zur Bewirtschaftung wasserwirtschaftlicher Systeme und zur Klimasteuerung von Gewächshäusern mit bemerkenswertem Erfolg entwickelt und eingesetzt werden. Die Lehre und Forschung auf diesem Gebiet wurde mit der Professur „Dynamik und Simulation ökologischer Systeme“ verstetigt, auf die im Jahre 1992 Professor Horst Puta an der neu gegründeten Fakultät für Informatik und und Automatisierung berufen wurde.

Architekt der heutigen Fakultät für Informatik und Automatisierung

Seinen Weitblick nutzte Prof. Reinisch auch bei der Hochschulreform 1968, in deren Zuge er die vier, teilweise neu profilierten Institute Regelungstechnik, Maschinelle Rechentechnik, Allgemeine und optische Messtechnik sowie Elektromedizinische und radiologische Technik verschiedener Fakultäten zur Sektion für Technische und Biomedizinische Kybernetik (TBK) zusammenführte. Damit schuf er eine organisatorische Struktureinheit, in der die sich auch international formierenden Systemwissenschaften entwickeln konnten. Noch heute spiegeln sich die damaligen Ideen mit den Instituten für Automatisierungs- und Systemtechnik, Biomedizinische Technik und Kybernetik und in den Verknüpfungen mit den Informatikinstituten in der Struktur der Fakultät IA und ihren Studiengängen wider. 

Verantwortung im Erneuerungsprozess

Als herausragende Wissenschaftlerpersönlichkeit und aufgrund seiner persönlichen Integrität war Professor Reinisch erneut gefragt, als es nach der politischen Wende um die innere Evaluierung und die strukturellen Umwandlungen der TH Ilmenau ging. Von 1990 bis 1992 trug er als Mitglied von zwei Fachkommissionen und Vertreter der TH Ilmenau in der Landesstrukturkommission dazu bei, dass sich der heutigen Technischen Universität neue Entwicklungsmöglichkeiten boten, aber auch historisch gewachsene Stärken erhalten blieben. Nach starker Erweiterung der Informatik prägen die Ideen Karl Reinischs auch die heutige Fakultät für Informatik und Automatisierung. Er hielt bis 1996 weiterhin Vorlesungen im Institut für Automatisierungs- und Systemtechnik. Am 24. Januar 2007 verstarb Karl Reinisch im Alter von 85 Jahren.

Brückenbauer über Grenzen

Das Wirken von Karl Reinisch aus Sicht seiner Familie, beschrieb Tochter Dr. Andrea Trabert, Absolventin der TH Ilmenau, der heutigen TU Ilmenau: 

Sein Herzensanliegen ist es stets gewesen über alle naturwissenschaftlichen, politischen und religiösen Grenzen hinweg Brücken zu bauen und einen interdisziplinären Dialog zu führen, um so ethische Rahmenbedingungen für die Forschung zu geben und zu einer friedenssichernden Verständigung beizutragen.

Abgerundet wurde das Vortragsprogramm durch den engagierten Fachvortrag von Dr. Rüdiger Franke, Team Leader Process Optimization Technology der ABB AG, Power Technology Systems Mannheim, zum hochaktuellen Thema: „Modellbasierte Steuerung heutiger und zukünftiger Energiesysteme“. Rüdiger Franke hatte sich schon als Studierender der Elektrotechnik zusätzlich der Ilmenauer Kybernetikschule zugewandt und nach seinem hervorgenden Abschluss bei Professor Horst Puta promoviert.

Mit einer Gesprächsrunde, in der sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über ihre Lebenswege, Erfahrungen und aktuelle Entwicklung in Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Automatisierungs- und Systemtechnik austauschten, klang die Ehrenveranstaltung im Foyer des Zusebaus, dem heutigen Hauptgebäude der Fakultät IA, aus. 

Impressionen von der Ehrenveranstaltung