Die Frage!

Studium in Präsenz: Wie fühlt sich das nach so langer Pause an?

Nach knapp eineinhalb Jahren Online-Vorlesungen, E-Learning und hybriden Lehrformen starteten die Thüringer Hochschulen das Studienjahr 2021/22 endlich wieder mit Präsenzlehre. Gemeinsames Ziel des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft und der Thüringer Hochschulen war und ist es, den Studierenden nach drei überwiegend digitalen Semestern auch unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie so weit wie möglich ein Studium in Präsenz zu ermöglichen. Angesichts der hohen Inzidenzen hat die TU Ilmenau allerdings die Präsenzlehre vom 13. Dezember an zunächst bis zum 8. Januar ausgesetzt, um Kontakte zu reduzieren und zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beizutragen. Diese Entscheidung der Universität finden die meisten Studierenden der TU notwendig und richtig, zeigt eine Umfrage des Studierendenrates. Grundsätzlich hält die Universität jedoch am Ziel Präsenzlehre fest und stimmt darin mit der Kultusministerkonferenz der Länder überein, die sich am 10. Dezember mit Blick auf die hohe Impfquote unter Studierenden und Lehrenden und die Infektionsschutzmaßnahmen an den Hochschulen für eine Weiterführung des Präsenzsemesters ausgesprochen hat.

Wir wollten nun wissen, wie es Studierenden in den Wochen nach dem Wechsel zurück zur Präsenzlehre nach der langen Corona-Pause erging. Dazu haben wir auf dem Campus sieben Studierende befragt, vier davon in der zweiten und dritten Novemberwoche und drei am 13. Dezember.

Eva Seidl

Johannes Tesch, 24, Halle

Maschinenbau, 3. Semester Master, Befragungszeitraum 18. – 25. November 2021

Mein erstes Online-Master-Jahr an der TU war grausam. Mir ist es extrem schwergefallen, diszipliniert zu bleiben. Deswegen bin ich umso glücklicher, diesen Winter meine Module in Präsenz zu besuchen. Ich arbeite als Hiwi, besuche vier Veranstaltungen und setze mich zusätzlich in Vorlesungen, die ich in meinen ersten Semestern aufgrund der Online-Lehre nicht 100 Prozent mitgenommen habe. Zu Beginn war es komisch, so viele neue Gesichter auf dem Campus zu sehen. Aber es ist cool, neue Leute kennen zu lernen – das macht mich glücklich. Ich würde mich sehr freuen, wenn zum Beispiel die Nikolausvorlesung stattfinden kann. Ich habe sie noch nie besucht und es wäre schön, diese besondere Veranstaltung in meinem letzten Jahr mitzuerleben.

Eva Seidl

Katharina Kofend, 24, Erfurt

Angewandte Medien- und Kommunikationswissenschaft, 7. Semester Bachelor, Befragungszeitpunkt: 13. Dezember 2021

Ich habe vor allem zum Ende des letzten Online-Semesters gemerkt, wie sehr ich das Uni-Leben vermisse. Momentan belege ich nur zwei reguläre Kurse, doch beide sind in Präsenz – darüber bin ich sehr glücklich. Gleichzeitig schwingt aber auch noch ein bisschen Angst mit, das Virus ist immer noch da. Ich bin zwar geimpft, trotzdem muss man sich bewusst sein, dass wir nicht wie vor der Pandemie weitermachen dürfen. Aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage halte ich es auch für absolut richtig, dass der Präsenzunterricht erst einmal aussetzt, einfach um die Studierenden und Lehrenden zu schützen – gerade mit Blick auf die neue Omikron-Variante. Trotzdem finde ich die hybride Form die angenehmste Variante und wünsche mir, dass die Uni sie in den kommenden Jahren noch stärker ausbaut. Ich glaube, dass das die Zukunft der Lehre sein wird. Damit erreicht man langfristig auch mehr Studierende. Nichtsdestotrotz finde ich den persönlichen Kontakt vor Ort unerlässlich.

Eva Seidl

Lukas Manske, 20, Bayreuth

Maschinenbau, 5. Semester Diplom, Befragungszeitraum 18. – 25. November 2021

Es fühlt sich toll an, die Vorlesungen und Seminare wieder persönlich zu besuchen – das bringt Struktur in meinen Tag. In der Online-Lehre hat der soziale Druck gefehlt: Wenn du im Teilnehmerfeld bei WebEx auf dem Bildschirm nicht auftauchst, fällt das keinem auf. Aber man merkt aufgrund unseres kleinen Studiengangs sofort, wenn man im Hörsaal fehlt. In dem Fall besucht man die Vorlesung schon eher. Es tut auch einfach gut, wieder mehr Menschen auf dem Campus zu sehen. Es ist dieses Zwischenmenschliche, was endlich wieder stattfindet und das habe ich sehr vermisst. Ich hoffe inständig, dass die Lehre in Präsenz bleibt.

Eva Seidl

Michelle Storandt, 25, Pößneck

Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau, 4. Semester Master, Befragungszeitpunkt: 13. Dezember 2021

Ich finde, die Präsenzlehre ist gut und wichtig für alle unsere Studiengänge. Egal ob reger Austausch oder Praktikum, manches ist in Online schlecht oder gar nicht möglich. Der Kontakt zu den Kommilitonen genauso wie der Ausgleich neben dem Studium zum Beispiel in den Clubs hat mir sehr gefehlt. Da tut es gut, nicht mehr nur in den eigenen vier Wänden zu sitzen. Als Angehörige einer Risikogruppe hat man aber immer die potenzielle Ansteckungsgefahr im Hinterkopf. Deshalb sind durchgängige Kontrollen des Infektionsschutzes und Hybridangebote sehr wichtig, um sich zum einen sicher zu fühlen und zum anderen nichts zu verpassen.

Eva Seidl

Isabelle Saalfeld, 21, Weimar

Biomedizinische Technik, 7. Semester Bachelor, Befragungszeitpunkt: 13. Dezember 2021

Ich belege dieses Semester vier Fächer und ein Laborpraktikum, davon bisher alle in Präsenz. In der Präsenzlehre findet zwischen Dozenten und Studierenden wesentlich mehr Interaktion statt. Ich bin viel produktiver im Hörsaal, für mich ist es mehr ein Ort der Lernatmosphäre. Es fühlt sich auch einfach schön an, seine Kommilitonen wieder zu sehen. Außerdem freue ich mich, dass der gesamte Campus wieder belebter ist und man andere Menschen kennen lernen kann. Die 3G-Regelung an der TU finde ich gut – es bietet einfach mehr Sicherheit. Trotzdem halte ich eine hybride Lehre für die beste Lösung. So hat man die Möglichkeit, Inhalte Online mitzunehmen, falls man krank wird oder in Quarantäne muss. Dass die Uni die Präsenzlehre bis Januar vorerst aussetzt, finde ich vernünftig. Dabei sollte es auch so lange wie nötig bleiben, um uns einfach alle zu schützen.

Eva Seidl

Artem Andreev, 23, Wladimir, Russland

Elektrotechnik und Informationstechnik, 3. Semester Master, Befragungszeitraum 18. – 25. November 2021

Ich finde es super, die Lehrveranstaltungen wieder vor Ort zu besuchen. Die Hörsäle hier am Campus sind im Vergleich zu meinem Bachelor-Studium in Russland auch viel besser ausgestattet, vor allem unter dem technischen Aspekt. Das ist für mich als ausländischer Student ein großer Vorteil: Dadurch kann ich die Vorlesung in Präsenz besuchen und sie mir danach zuhause in Ruhe noch einmal anhören. Es ist aber auch schön, seine Kommilitonen zu treffen und einfach wieder persönlichen Kontakt zu haben. Mein Deutsch ist auch viel besser geworden, seitdem ich meine Kurse persönlich besuche – es erleichtert die Sprachbarriere erheblich. Ich denke, jeder hier ist froh, dass die Lehre wieder in Präsenz stattfinden darf.

Eva Seidl

Trang Mila Ho Thien, 24, Schwerin

Angewandte Medien- und Kommunikationswissenschaft, 7. Semester Bachelor, Befragungszeitraum 18. – 25. November 2021

Dieses Semester schreibe ich nur noch meine Bachelor-Arbeit und müsste die Uni gar nicht mehr besuchen. Trotzdem gehe ich täglich in die Bibliothek und Mensa. Ich vermisse es aber im Hörsaal zu sitzen. Jetzt, wo die Vorlesungen wieder in Präsenz stattfinden, würde ich mich tatsächlich irgendwo mit reinsetzen, einfach für‘s Feeling. Es ist auch ein schönes Gefühl unter Leute zu kommen und mal wieder Gesichter zu sehen. Ich habe den vielen Smalltalk vermisst, man hatte gar keinen Face-to-Face-Kontakt zu anderen.
Der Teil-Lockdown ist natürlich kräftezehrend. Aber vor der Mensa und Bibliothek stehen ja die Security Leute – dann hat man wenigstens dort ein bisschen Club-Feeling.