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Tag des Artenschutzes: „Einfache Lösungen sollten kritisch hinterfragt werden“

Seit 16 Jahren engagiert sich Katharina Peh für Klima- und Umweltschutz. Nach einem Bachelorstudium der Energie- und Umweltsystemtechnik und einem Masterstudium Regenerative Energietechnik mit Schwerpunkt Photovoltaik an der TU Ilmenau arbeitet sie aktuell als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Technische Physik der Universität. Zusammen mit sechs weiteren Engagierten hat sie 2016 Greenpeace Ilmenau, einen Ableger der weltweit größten Umweltschutzorganisation gegründet. Gemeinsam setzen sie sich vor allem für regionalen Naturschutz und die Artenvielfalt ein. UNIOnline hat mit Katharina Peh über ihr Engagement gesprochen.

Greenpeace Ilmenau
Am Tag des Artenschutzes werden Artenvielfalt und Biodiversität in den Fokus gerückt.

Wann haben Sie angefangen, sich für Klima- und Artenschutz zu interessieren – und auch zu engagieren?

Im September 2006 habe ich mich entschlossen zu versuchen, die Welt vor allem für die Tiere besser zu machen. Damals habe ich noch in Fulda gewohnt und mich informiert, wo ich mich vor Ort engagieren kann. Dabei bin ich auf Greenpeace Fulda gestoßen. Seitdem bin ich dabei. Die ersten Aktionen, an denen ich aktiv mitgearbeitet habe, waren schon zum Thema Artenschutz. Meine Zwillingsschwester und ich haben beispielsweise Button entworfen, auf denen u.a. „Urwaldschützer kaufen Recyclingpapier“ oder „Thunfischschützerin“ stand. Diese haben wir zusammen mit Informationen an interessierte Menschen verteilt, damit sie sich mit dem Thema persönlich identifizieren und ihr Verhalten ändern.

Inwiefern können Sie dabei auch Ihr Wissen aus dem Studium bzw. Ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterin am Fachgebiet für Technische Physik einbringen?

Um ehrlich zu sein werden Kenntnisse in der Grundlagenforschung eher nicht gebraucht, um sich bei Greenpeace zu engagieren. Aber was ich durch die Arbeit in der Wissenschaft weiß, ist, dass Informationen immer auf ihre Quelle und auf die Wissenschaftlichkeit hin untersucht werden müssen. Dass es immer mehr als eine Lösung gibt und dass alles sehr viel komplizierter sein kann, als es im ersten Moment scheint. Informiert also jemand über einfache Lösungen, sollte dies aus meiner wissenschaftlichen Erfahrung kritisch hinterfragt werden.

In der Ortsgruppe engagieren Sie sich in Ilmenau und an der Universität für den Umweltschutz, vor allem für eine Veränderung im Konsumverhalten und die Steigerung der Artenvielfalt. Warum gerade diese beiden Themen?

Den Menschen in der Gruppe sind die Themen Artenvielfalt, Biodiversität, Waldwende und Konsumwende wichtig. Dieses Thema haben wir in den Fokus gerückt, um vor Ort etwas bewegen zu können. In Ilmenau können die Menschen schnell in den Wald kommen. Aber kaum jemand weiß, ob es sich um einen naturnahen Wald oder einen intensiv genutzten Forst handelt. Über solche Themen wollen wir aufklären, denn gerade wer so nah am Wald wohnt, sollte sich doch damit auskennen. Auch Wiesen sind leicht von Ilmenau aus zu erforschen. So wollten wir ein regionales Thema fokussieren, um die Menschen emotional mitzunehmen.

Unser zweiter großer Schwerpunkt ist die Konsumwende. Wir haben bei unseren Aktionen zur Kennzeichnung von Fleischprodukten 2017 festgestellt, wie stark das Thema eigener Konsum und gerade der Konsum von Tierprodukten emotionalisiert. Hier gibt es also noch viel zu leisten. Und wir möchten hier unterstützen, die Menschen zu einem bewussten Konsum zu bewegen.

Welche konkreten Projekte führen Sie aktuell durch?

Beim Projekt „Wilde Wiese“ wollen wir den Menschen zeigen, wie sich eine Wiese entwickeln und wie diese aussehen kann, wenn die Menschen nicht alle zwei Wochen mähen. Welche Artenvielfalt sich dort entwickelt und wie schön dieses wilde Durcheinander aussehen kann. Verschiedene Insekten fliegen umher und Blüten, die sonst nie zu sehen sind, können betrachtet werden. Beim Thema Wald haben wir in letzter Zeit vor allem Recherchen durchgeführt und das insbesondere im Hainich. Hier ist die Frage: Was darf trotz unterschiedlichen Schutzstatus‘ im Wald gemacht werden? Gerade in Zeiten der Energiekrise ist es erschreckend zu sehen, wie viel Holz eingeschlagen wird. Und natürlich spielt auch die Konsumwende ins Thema Artenvielfalt rein. Denn wenn beispielsweise ökologische Produkte gekauft werden, dann ist dies ein Beitrag zu Artenvielfalt, da dann beispielsweise weniger Gifte in die Natur kommen und somit mehr Insekten überleben können.

Sie streben bei Greenpeace nicht nur biologische Vielfalt an, sondern auch Diversität in der Zusammensetzung Ihrer Gruppe. Wie setzt sich die Gruppe zusammen, und wie vernetzen Sie sich untereinander?

Leider ist die Diversität in unserer Gruppe im Moment nicht so groß. Wir haben alle schon unser Studium abgeschlossen bzw. sind kurz davor und arbeiten alle schon. Dies war mal anders. Da gab es Studierende, Schüler*innen und Arbeitende in unserer Gruppe. Gerade die Menschen, die noch nicht oder nicht mehr jeden Tag arbeiten, fehlen uns jetzt in unserer Gruppe. Wir sind sehr gut untereinander vernetzt. Neben einer Messenger-Gruppe haben wir eine eigene Cloud, auf der wir Dokumente wie Protokolle ablegen und Termine verwalten.

Der diesjährige Welttag für Artenschutz steht unter dem Motto „Partnerships for Wildllife Conservation“. Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?

Wir haben uns schon mit unterschiedlichen Gruppen und Menschen in Ilmenau vernetzt oder diese unterstützt, um gemeinsam mehr zu erreichen. Unter anderem waren dies NABU Ilm-Kreis, der uns auch beim Projekt „Wilde Wiese“ unterstützt. Bei der Internationalen Studierendenwoche haben wir mit dem ISWI e.V. Workshops angeboten. Zusammen mit dem BUND Kreisverband Ilm-Kreis haben wir beispielsweise Zigarettenhotels zusammen gestaltet, mit Cleanupilmenau zusammen entfernen wir Müll aus der Natur oder haben mit dem ILMPULS Festival Ilmenau über die Konsumwende informiert.

Welche Aktionen zum Schutz der Artenvielfalt haben Sie sich für die kommende Zeit vorgenommen?

Unsere nächste Aktion haben wir auf der „Wilden Wiese“ am 3. März geplant. Hier wollen wir die Wiese fit für den Frühling machen, uns um unser Insektenhotel kümmern und bei einem gemeinsamen Picknick über die Möglichkeiten für möglichst insektenfreundlichen Bepflanzung von Fensterbrett, Balkon oder Garten informieren.

Als Ortsgruppe sagen Sie: Es müssen nicht immer die großen, spektakulären Aktionen sein. Auch mit kleinen Schritten lässt sich viel bewegen. Welche kleinen Dinge haben Sie sich ganz persönlich vorgenommen für mehr Schutz der Artenvielfalt und Nachhaltigkeit im Alltag?

Ich bin Vegetarierin. Ich achte darauf, möglichst oft regional, biologisch, saisonal und vegan zu essen. Ich beziehe Ökostrom. Ich fahre Fahrrad in der Stadt, egal, welche Jahreszeit. Bei allen Urlauben nutze ich den Zug. Ich kaufe Kinderkleidung second-hand. Eigene Kleidung versuche ich weitestgehend zu reparieren. Mein Gartenstückchen gestalte ich insektenfreundlich und möglichst wild. Ich drucke möglichst wenig und kaufe Recyclingpapierprodukte. Ich kaufe Gemüse möglichst unverpackt. Ich mache Vorschläge beim Ilmenauer Bürgerhaushalt. Im Garten bei mir zu Hause hänge ich Brutkästen auf. Ich leihe Bücher, auch Kinderbücher, in der Bibliothek aus, statt sie zu kaufen. Das geht beispielsweise auch digital. Ich habe keinen riesigen Fernseher und schaue fast nie fern. Ich achte darauf, dass Lebensmittel bei mir nicht verderben. Ich nutze feste Shampoos und Duschpflege.

Welttag des Artenschutzes

Der Welttag des Artenschutzes (World Wildlife Day) wird jedes Jahr am 3. März begangen, um an die Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (nach seiner englischen Bezeichnung „CITES“ genannt) am 3. März 1973 zu erinnern. An diesem Tag sind weltweit Institutionen und Organisationen jeglicher Art sowie die Öffentlichkeit dazu aufgerufen, durch vielfältige eigene Aktionen auf die Bedeutung der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten für den Menschen sowie auf den anhaltenden globalen Verlust der Artenvielfalt aufmerksam zu machen. Jedes Jahr steht der Tag unter einem anderen Motto. Der diesjährige hat das Motto ”Partnerships for Wildllife Conservation“.

Zur Aktion der Greenpeace Ortsgruppe auf der „Wilden Wiese“ hinter dem Universitätsrechenzentrum (UniRZ) der TU Ilmenau am 3. März ab 16:30 Uhr sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Ebenso zu den regelmäßigen Treffen der Ortsgruppe donnerstags im 18:30 Uhr online. Bei Interesse können die Zugangsdaten per Mail angefragt werden.

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