Forschung

Präzisionsmessung: Forscher entwickeln neuartiges Messsystem

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), das nationale Metrologieinstitut Deutschlands, hat in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Ilmenau die Tauglichkeit und Genauigkeit eines auf Photonenimpulsen basierenden optischen Kraftmessverfahrens überprüft. Die Ergebnisse der optischen Leistungsmessung über den Photonenrückstoß wurden mit jenen über einem kalibrierten Referenzdetektor verglichen und bescheinigen der neuartigen Messtechnik ein großes Potenzial bei hohen optischen Leistungen im Kilowatt-Bereich, die bei­spielsweise in der industriellen Fertigung benötigt werden.

TU Ilmenau
Der optische Hohlraum besteht aus zwei ultrahochreflektierenden Spiegeln (Reflektivität > 99,995 %), die an zwei elektromagnetischen Kraftausgleichswaagen aufgehängt sind. Der sichtbare Laserstrahl wird zwischen den Spiegeln 21-mal reflektiert.

Das von den Wissenschaftlern entwickelte und gebaute Messsystem nutzt ein neuartiges Messverfahren, welches die präzise Erzeugung sehr kleiner Kräfte über die Photonenimpulsmessung sowie die Laserleistungsmessung mit direkter Rückführung auf die Planckkonstante des SI-Einheitensystems ermöglicht. Das Plancksche Wirkungsquantum, oder die Planck-Konstante, gehört zu den grundlegenden Naturkonstanten (wie z.B. Lichtgeschwindigkeit) und beschreibt die kleinstmögliche Energiemenge, die seit der Quantenrevolution in der Physik im letzten Jahrhundert theoretisch bekannt ist. Dr. Suren Vasilyan, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Ilmenau, hat die Entwicklungen gemeinsam mit Prof. Thomas Fröhlich, Prof. Eberhard Manske und Norbert Rogge am Institut für Prozessmess- und Sensortechnik durchgeführt. Das Forscherteam, das bereits an der Entwicklung der weltweit ersten industrietauglichen Waage für das „neue Kilogramm“, die Planck-Waage, beteiligt war, ist begeistert von den Ergebnissen, wie Dr. Vasilyan sagt:

Aus unseren Untersuchungen ergeben sich zwei völlig unterschiedliche Anwendungsfälle, die auf den ersten Blick keine Gemeinsamkeiten haben und verschiedene Bereichen der Physik und der Ingenieurwissenschaften umfassen.

Hochpräzise Mess- und Kalibrierprozesse

Zum einen kann durch das neue Verfahren die Genauigkeit der optischen Leistungsmessung von Hochleistungslasersystemen verbessert werden, die typischerweise in verschiedenen Bereichen bei 100 Watt bis zu mehreren 10 Kilowatt eingesetzt werden. Hierfür ist eine neue Klasse von optischen Hochleistungsdetektorsystemen bereits in der Planung und Entwicklung, wie Dr. Vasilyan erklärt:

Die Einfachheit des Konzepts hat bereits das Interesse vieler Weltklasse-Forschenden und -Institutionen geweckt, da die zu erwartenden Ergebnisse der optischen Leistungsmessung zum Beispiel für 1 Kilowatt Laserleistung mehr als hundert Mal besser als bei den aktuell verwendeten konventionellen Messmethoden sind, bei denen die Verbesserungen schon seit mehreren Jahrzehnten stagnieren.

Zum anderen können mit dem neuen Messverfahren sehr kleine Kalibrierkräfte für Piko- und Nanokraftmessungen (pN, nN) oder die Messung sehr kleiner Massen generiert werden. Die optische Leistung der Laser ist proportional zum Kraftwert und kann mit konventionellen thermischen Referenzdetektoren sehr genau gemessen werden.

Für die metrologischen Untersuchungen haben die Wissenschaftler am Institut für Prozessmess- und Sensortechnik einen tragbaren Kraftmessaufbau entwickelt, der aus zwei hochwertigen elektromagnetischen Kraftkompensation-Präzisionswaagen und einem op­tischen Hohlraum aus Spiegeln mit nahezu idealem Reflexionsvermögen besteht. So werden beispielsweise bei zwanzig Reflexionen des Laserstrahls mit nur 1 Watt Laserleistung Kräfte von mehreren hundert Nanonewton erzeugt. Die bei einer einzigen Laserlichtreflexion erzeugten Kräfte liegen dagegen in der Größenordnung von nur einigen Nanonewton. Dr. Vasilyan erklärt:

Dies bietet eine bessere Kontrolle über die hochpräzisen Mess- und Kalibrierprozesse. In Kombination mit unseren anderen State-of-the-Art messtechnischen Systemen wird der Weg in die Bereiche der Quantenmechatronik eröffnet.

https://www.tu-ilmenau.de/aktuelles/praezisionsmessungen-von-kleinen-massen-kraeften-und-hochenergie-laserleistungen-durch-impulsuebertragung-der-photonen

Dr.-Ing. Suren Vasilyan

Institut für Prozessmess- und Sensortechnik