Publikationen

Publikation im Journal of the American Chemical Society

Kräfte beim Zusammenbau eines einzelnen Farbstoffmoleküls

Den Forscherinnen und Forschern des Fachgebiets Experimentalphysik 1 / Oberflächenphysik der TU Ilmenau um Prof. Dr. Jörg Kröger ist es in enger Zusammenarbeit mit der Quantenchemikerin Prof. Marie-Laure Bocquet von der Université Sorbonne, Paris, gelungen, Kräfte und Energien bei der Metallierung eines Farbstoffmoleküls zu messen.  Die Resultate erscheinen unter dem Titel “Quantifying Force and Energy in Single-Molecule Metalation” im renommierten Journal of the American Chemical Society, dem Flaggschiff-Journal der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft.

TU Ilmenau
Schematische Darstellung der Metallierungsreaktion.

Die metallische Spitze des in den Experimenten verwendeten atomaren Kraftmikroskops dient gleich mehreren Zwecken, der hochaufgelösten Abbildung von Edukt und Produkt der Metallierungsreaktion, der abstandsabhängigen Messung der attraktiven Wechselwirkung zwischen den Reaktionspartnern sowie der Manipulation von Materie auf atomarer Skala.  Im ersten Schritt werden die pyrrolischen Wasserstoffatome aus dem Zentrum des Makrozyklus eines einzelnen 2H-Phthalocyanins Atom für Atom entfernt.  Das so geleerte und reaktive Zentrum wird im zweiten Schritt mit einem Silberatom gefüllt; dies geschieht durch den Transfer des Atoms von der Mikroskopspitze in das Molekülgerüst.  Simultan mit dieser Metallierung wird die attraktive Wechselwirkung zwischen dem Silberatom und dem Molekül gemessen.  Als Maß für die Größe der Wechselwirkung dient die Änderung der Resonanzfrequenz einer piezokeramischen Stimmgabel, die die Spitze trägt.  Der Einsatz der Metallierung wird durch eine abrupte Verringerung dieser Resonanzfrequenz signalisiert.  Die experimentellen Studien ergeben, dass das Molekül mit einer Kraft von mindestens 450 pN am Silberatom „zieht‟.  Damit verbunden ist eine Energie zum Atomtransfer von etwa 275 meV.

Unterstützende Rechnungen im Rahmen der Dichtefunktionaltheorie (Prof. Marie-Laure Bocque, Paris) decken den Mechanismus dieser Metallierung durch eine Mikroskopspitze auf.  Die Nähe der Spitze bei der Reaktion bewirkt einen konzertierten Effekt, bei dem gleichzeitig die Bindung des Silberatoms an die Spitze gebrochen und die Bindung zum Molekül gebildet wird.  Als Folge dieses Effekts verschwindet die Aktivierungsenergie für die Reaktion, so dass die Metallierung – wie im Experiment beobachtet – spontan und ohne weiteren äußeren Stimulus erfolgt.

Die Studie zeigt eindrucksvoll die faszinierende Möglichkeit, mit Hilfe eines modernen atomaren Kraftmikroskops die chemische Reaktion zwischen einem Atom und einem Molekül mit Sub-Pikometer-Kontrolle des gegenseitigen Abstands der Reaktionspartner zu verfolgen und wichtige quantitative Aussagen über Anziehungskräfte im Moment der Reaktion zu extrahieren.  Entscheidend für das Aufdecken neuer Mechanismen ist dabei die Beteiligung von Simulationen, die dank des prototypischen Charakters des Experiments – ein Atom an der Mikroskop-Spitze, ein Molekül auf einer einkristallinen Oberfläche – kaum Annahmen treffen müssen.  Die erzielten Ergebnisse weisen den Weg für die atomar aufgelöste Untersuchung chemischer Reaktionen auf dem Niveau des Einzelmoleküls. Die TU Ilmenau bietet dafür neben hoher Forschungskompetenz eine exzellente technologische Infrastruktur und Ausstattung.

Kontakt

Prof. Dr. Jörg Kröger

Leiter Fachgebiet Experimentalphysik I / Oberflächenphysik