Politik

„Forschung, Lehre, Leben“: Universität feiert 30 Jahre TU Ilmenau und 20 Jahre ZMN

Vor 30 Jahren verlieh der Thüringer Landtag per Hochschulgesetz der damaligen Technischen Hochschule Ilmenau den Status einer Technischen Universität. Zehn Jahre später wurde das Zentrum für Mikro- und Nanotechnologien (ZMN) eröffnet, das bis heute größte technologische Zentrum der TU Ilmenau. Dieses doppelte Jubiläum – 30 Jahre TU Ilmenau und 20 Jahre Zentrum für Mikro- und Nanotechnologien – nahm die Universität zum Anlass, gemeinsam mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im Rahmen einer Festveranstaltung auf die erfolgreiche Entwicklung der vergangenen Jahre zurückblicken – aber auch einen Blick in die Zukunft von Forschung und Lehre im internationalen Kontext zu werfen.

TU Ilmenau/Lutz Müller
Prof. Stefan Sinzinger, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Peter Schaaf, Direktor des ZMN, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Prof. Kai-Uwe Sattler, Präsident der TU Ilmenau, Prof. Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe an der Universität des Saarlandes und Prof. Erich Runge, Fachgebietsleiter Theoretische Physik 1 (von links).

Als der Wissenschaftsrat im Juli 1991 die Empfehlung gab, der damaligen Technischen Hochschule Ilmenau den Status einer technischen Universität zu verleihen und die Hochschule am 17. Oktober 1992 in einem feierlichen Festakt offiziell in „Technische Universität Ilmenau“ umbenannt wurde, sei dies „zweifellos Anerkennung für eine langjährige hervorragende Arbeit in Forschung und Lehre sowie eine hohe – auch internationale – Reputation“ der Hochschule“ gewesen, aber „gleichzeitig auch ein Auftrag für die Zukunft“. Mit diesen Worten eröffnete Universitätspräsident Prof. Kai-Uwe Sattler die Jubiläumsfeier am 5. Oktober im Audimax der TU Ilmenau. Er nahm das Jubiläum zum Anlass die Erfolge, aber auch die Bedeutung der Universität als Innovationsmotor für die Gesellschaft hervorzuheben: „Wir sind uns unserer Rolle und Verantwortung für die Region als einzige technische Universität in Thüringen bewusst.“ So seien in den vergangenen 30 Jahren nicht nur mehr als 22.000 Studienabschlüsse vergeben worden, darunter knapp 2500 an internationale Studierende, sondern auch über 220 Ausgründungen aus der TU Ilmenau hervorgegangen. Allein in den letzten zehn Jahren könne die Universität auf Forschungsaufträge von über 370 Unternehmen und Verbundprojekte mit über 770 Unternehmen aus Thüringen und der gesamten Bundesrepublik verweisen. Darüber hinaus hätten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität seit 1992 über 750 Millionen Euro Drittmittel eingeworben: „Mit zirka 420.000 Euro pro Jahr und Professur gehören wir zur Spitzengruppe deutscher Universitäten!“ Aktuell sei die TU Ilmenau nicht nur an einem Sonderforschungsbereich zu biologisch inspirierter Elektronik beteiligt, sondern koordiniere auch ein DFG-Graduiertenkolleg für die 3D-Nanofabrikation in großen Bereichen, zwei Schwerpunktprogramme und weitere Großprojekte der Carl-Zeiss-Stiftung, des Bundes, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Landes Thüringen zu Zukunftsthemen wie Quantentechnologien, Mobilität der Zukunft, Energiesystemen, Medizintechnik, Künstlicher Intelligenz oder zur Krisenkommunikation.

„Ihre Stärke ist auch unsere Stärke“

Die Bedeutung der Spitzenforschung des „Turboladers Ilmenau“ in Krisenzeiten betonte auch Ministerpräsident Bodo Ramelow in seinem Grußwort: Gerade in Krisen wie der Corona-Pandemie oder der Preiskrise in der Energie lieferten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der TU Ilmenau wichtige Antworten für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Als Beispiel nannte er das Know-how des Thüringer Energieforschungsinstituts (ThEFI) in der Gleichstromtechnologie: „Ich bin mit ganzem Herzen hier, weil ich weiß: Ihre Stärke ist auch unsere Stärke und Ihre Regionalität ist unsere Qualität.“ Die Innovationen aus der TU Ilmenau und das „Klima der Offenheit für neue Ideen, in dem der Mensch zählt“, aber auch die Internationalität der Universität seien überall in der Stadt spürbar: „Was ist Stadt und was ist Universität?“, fragte der Ministerpräsident. Beides gehe in Ilmenau ineinander über.

Engagierte Beschäftigte und Studierende und starke Partnerschaften als „Besonderheit und Kapital“ der Universität

Dies habe man vor allem den „sehr engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Beschäftigten und Studierenden“ und dem „Teamspirit“ zu verdanken, die „Besonderheit und Kapital dieser Universität sind“, aber auch den starken nationalen wie internationalen Partnerschaften in Forschung und Lehre, so Prof. Sattler: „Wir sind sehr gut vernetzt – mit anderen Hochschulen, mit Forschungseinrichtungen, mit Unternehmen als Forschungspartner, mit der Region. Unsere vier An-Institute TITK, iba, CiS und IMMS unterstützen uns als strategische Transferpartner bei der Überführung von Forschungsergebnissen in die Praxis.“ In Zukunft werde die Universität noch internationaler sein und ihr Profil in neue Richtungen weiterentwickeln.

Am Beispiel des Zentrums für Mikro- und Nanotechnologien hoben der Universitätspräsident und der Leiter des ZMN, Prof. Peter Schaaf, die Interdisziplinarität in Forschung und Lehre als weitere Stärke der Universität hervor: Am größten technischen Zentrum der TU Ilmenau forschen seit 2002 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus rund 40 Fachgebieten und vier Fakultäten in hochmodernen Speziallaboren und Reinräumen an Zukunftsthemen wie energiesparender „grüner Elektronik“. Mit 1200 m2 Fläche für hochspezialisierte Anlagen und Geräte nehme das ZMN unter den universitären Reinräumen Platz 1 in Europa ein und befinde sich zusammen mit Universitäten wie Caltech oder Harvard weltweit unter den Top 10. „Das reicht uns aber nicht“; so Prof. Schaaf, „wir müssen vorausdenken“: So müsse man im Sinne einer Kreislaufwirtschaft künftig schon das Design von Elektronik, Sensorik, IT oder biomedizinischer Technik reparatur- und recyclinggerecht gestalten sowie bei der Fertigung von Geräten kritische Elemente einsparen und die Möglichkeiten für Reparatur, Bauteilwechsel oder Demontage für rohstoffgerechtes Recycling bereits mitdenken und einbauen.

Die Bedeutung der Materialwissenschaften als einer der Schlüsseltechnologien für die Megathemen der Gesellschaft hob auch Prof. Frank Mücklich, Professor für Funktionswerkstoffe an der Universität des Saarlandes und Sprecher des acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften-Themennetzwerks für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, in seinem Festvortrag hervor: Die Steigerung der Wirtschaftsleistung dürfe nicht mehr auf Kosten von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung gehen. Daher forsche man gemeinsam mit verschiedenen Fachgebieten der TU Ilmenau unter anderem an innovativen Technologien zur Lasermaterialbearbeitung.

„Die Universität darf kein Elfenbeinturm bleiben“

Den Wunsch, das Thema Nachhaltigkeit auch verstärkt in den Fokus der Lehre zu nehmen und in die Gesellschaft zu tragen, drückte Promotionsstudentin Jasmin Calmbach in der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Forschung und Lehre im internationalen Kontext – die Universität nach der Zeitenwende“ aus. Die Universität dürfe kein Elfenbeinturm bleiben, sondern man müsse das, was an der Universität erforscht werde, auch verständlich in die Gesellschaft tragen.

Prof. Anja Geigenmüller, Vizepräsidentin für Studium und Lehre und Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, an der TU Ilmenau, zeigte sich zuversichtlich, dass dies gelingen werde: „Wir sind für das bekannt, was wir sehr gut können, aber wir geben uns damit nicht zufrieden und reagieren auf den veränderten Arbeitsmarkt und globalen Kontext“, sagte sie mit Blick auf die neuen Entwicklungen. Die Notwendigkeit, auf gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren, unterstrich auch Bodo Ramelow in seinem Schlussstatement: „Nicht nur die Fridays for Future warten darauf, dass sich etwas ändert. Der Globus schreit jeden Tag“, so der Ministerpräsident. Diese Veränderungsprozesse hätten einen Anker, und dieser heiße Wissenschaft und Wahrhaftigkeit. „Die alte Fähigkeit, kritisch zu hinterfragen, ist etwas, das uns als Kompass durch die Zeit bringt.“

Ähnlich drückte es auch Prof. Sattler in seinem Ausblick auf die Zukunft der Universität aus: „Lassen Sie uns diesen universitären Anspruch und die damit verbundene – und für die Wissenschaft notwendige – Neugier bewahren und diese auch unseren Studierenden vermitteln – auch in Zeiten von ECTS-Punkten, Social Media und neuen, digitalen Lehrformaten. Die Freiheit, Ideen und Dinge auszuprobieren, in andere Gebiete zu schauen, ist das, was eine Universität ausmacht.“