Politik

Neue Kooperation: Gemeinsam die MINT-Ausbildung stärken

In Deutschland fehlen immer mehr Lehrkräfte. Besonders hart trifft der Lehrkräftemangel die berufsbildenden Schulen: Allein an den Berufsschulen und beruflichen Gymnasien sind derzeit mehr als 10.000 Stellen nicht besetzt. Denn anders als an allgemeinbildenden Schulen müssen Berufsschullehrkräfte über besonderes Fachwissen im mathematisch-technischen Bereich verfügen. Mit einem Bachelor-Studiengang mit Lehramtsoption für berufsbildende Schulen und einer Kooperation mit dem Staatlichen Berufsschulzentrum Arnstadt-Ilmenau (SBSZ) möchte die TU ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen.

Zwei Personen am Tisch sitzend unterzeichnen jeder ein Papier TU Ilmenau/Barbara Aichroth
Die Vereinbarung über eine Zusammenarbeit zwischen der TU Ilmenau und dem SBSZ wurde am 29. September von Schulleiter Thomas Bohm und Universitätspräsident Prof. Kai-Uwe Sattler unterzeichnet

Berufsbildenden Schulen kommt gerade im MINT-Bereich eine große Bedeutung zu: Sie sind es, die die dringend benötigten Fachkräfte für Handwerk und Industrie ausbilden. Doch der bundesweite Lehrkräftemangel macht auch vor den berufsbildenden Schulen nicht Halt, im Gegenteil: Derzeit sind laut Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e. V. (BvLB) allein an den beruflichen Schulen zwischen 10.000 und 15.000 Stellen nicht besetzt. Am Staatlichen Berufsschulzentrum Arnstadt-Ilmenau (SBSZ), wo sich 85 Lehrkräfte um rund 1250 Schülerinnen und Schüler kümmern, sieht es aktuell zwar vergleichsweise gut aus. Doch auch hier werden in den kommenden Jahren viele Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand gehen – und qualifizierte Lehrkräfte für die Ausbildung im mathematisch-technischen Bereich dringend benötigt: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir hier in Thüringen Nachwuchs gewinnen“, sagt Thomas Bohm, Schulleiter des SBSZ. „Andere Bundesländer werden uns die Lehrkräfte nicht abgeben, weil auch dort Lehrerinnen und Lehrer fehlen.“

Doch gerade das Berufsbild Berufsschullehrerin bzw. -lehrer ist nicht besonders ausgeprägt: „Wer an das Berufsbild Lehrer oder Lehrerin denkt, denkt aktuell eher an Grundschulen oder Gymnasien“, weiß auch Vizepräsidentin für Studium und Lehre Prof. Anja Geigenmüller. Das verstärke das Problem:

Als Universität möchten wir unseren Teil zur Lösung dieses Problems beitragen, indem wir mit dem Zwei-Fach-Bachelor für berufliche Bildung junge Menschen für eine Laufbahn als Berufsschullehrerin bzw. -lehrer vorbereiten – und mit dem SBSZ dafür einen neuen, starken Partner ins Boot holen.

Der „Polyvalente Bachelor mit Lehramtsoption für berufsbildende Schulen“ vermittelt den Studierenden nicht nur die notwendigen fachwissenschaftlichen Kenntnisse im Erstfach Metalltechnik oder Elektrotechnik und im Zweitfach Mathematik. Wer möchte, kann daran einen Master of Education für das Lehramt an berufsbildenden Schulen an der Universität Erfurt anschließen und bekommt so das pädagogische und fachdidaktische Handwerkszeug an die Hand, um die Lehrinhalte vermitteln zu können. Nach dem Master geht es wie in anderen Lehrberufen ins Referendariat an einer berufsbildenden Schule. Ziel des Studiums ist es, die Studierenden zum Lehrer oder zur Lehrerin an einer berufsbildenden Schule auszubilden: als Lehrkraft für Elektrotechnik oder Metalltechnik an einer Berufsschule, einem technischen Gymnasium oder einer Berufsförderschule oder als Mathematik-Lehrer oder -Lehrerin an einem beruflichen Gymnasium. Alternativ können Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen aber auch ein ingenieurwissenschaftliches Masterstudium anschließen.

„Studierende mit der anderen Seite des Lehrerberufs vertraut machen“

Nun möchte die TU Ilmenau einen Schritt weitergehen und den Studierenden bereits im Bachelorstudium grundlegende didaktische Erfahrungen ermöglichen – und so die Berufsorientierung erleichtern: „Dazu braucht es starke Kooperationspartner wie das Staatliche Berufsschulzentrum Arnstadt-Ilmenau, das sowohl die Entwicklung des Studiengangs begleitet als auch bei der Vermittlung praktischer Erfahrungen hilft“, so die Vizepräsidentin. Gemeinsam möchten das SBSZ und die Universität den Studierenden Einblicke in den Lehrerberuf geben. Schulleiter Thomas Bohm:

Wir wollen keiner Ausbildung in den Erziehungswissenschaften vorgreifen, sondern es Studieninteressierten und Studierenden ermöglichen, sich mit der anderen Seite des Lehrerberufs vertraut zu machen: Elternarbeit kennenzulernen, Lehrpläne zu analysieren, Unterricht zu besuchen, aber auch Betriebe zu besichtigen und unsere überbetrieblichen Ausbildungspartner kennenzulernen – und am Ende dann auch mal eine eigene Unterrichtsstunde zu halten.

Solche Lehr- und Praktikumseinheiten am SBSZ sollen künftig auch als Studienleistung anerkannt werden.

Aber auch der Übergang vom beruflichen Gymnasium an die Hochschule soll über studien- und berufsorientierende Maßnahmen besser abgestimmt und die Lehre im MINT-Bereich durch Weiterbildung und kollegialen Austausch weiter verbessert werden. Zudem wollen die TU Ilmenau und das SBSZ ihre Kommunikationsaktivitäten bündeln, um das Berufsbild Lehrkraft in berufsbildenden Schulen bekannter zu machen und so noch mehr junge Menschen für diese berufliche Laufbahn zu begeistern.

Kontakt

Prof. Anja Geigenmüller

Vizepräsidentin für Studium und Lehre