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Freiwilliges Jahr der Nachhaltigkeit: Janek entwickelt Technologien für das Waldmonitoring

Praxis statt Theorie, „Gap-Year“ statt Direkteinstieg ins Studium oder die Ausbildung – das wünschen sich viele junge Menschen nach dem Abitur. So auch Janek Meister: Seit September 2022 macht er ein Freiwilliges Jahr in Wissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit (FJN) an der TU Ilmenau. Gemeinsam mit Wissenschaftlern entwickelt der Abiturient im Fachgebiet Qualitätssicherung und Industrielle Bildverarbeitung (QBV) Technologien, um Blätter zu untersuchen und den Gesundheitszustand von Bäumen zu überwachen.

TU Ilmenau/Barbara Aichroth
Im FJN programmiert Janek Tools für multispektrale Kamerasysteme oder Programme für die Auswertung der Daten. Unterstützt wird er dabei von Dr. Maik Rosenberger.

Inzwischen ist Janek Meister sicher: Er möchte Maschinenbau studieren. Das war nach dem Abitur an der Ilmenauer Goetheschule noch anders: „Ich wollte mir noch etwas Zeit für die Studienentscheidung nehmen“, so der 19-Jährige. Über seine Schule wurde er auf die Möglichkeit eines Freiwilligen Jahrs in Wissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit (FJN) an der TU Ilmenau aufmerksam.

Ein Jahr Nachdenken und Ausprobieren

„Aktuell sind wir die einzige Hochschule in Thüringen, die diese Abwandlung des Freiwilligen Sozialen Jahrs für junge Menschen anbietet“, erklärt Dr. Katja Tonisch, Ingenieurin am Fachgebiet Technische Physik und Gleichstellungsbeauftragte der TU Ilmenau, die das Angebot an der Universität initiiert hat und gemeinsam mit Kollegen wie Prof. Gunther Notni, Fachgebietsleiter Qualitätssicherung und Industrielle Bildverarbeitung (QBV), unterstützt: „Die Berufswahl gestaltet sich für junge Erwachsene durchaus schwierig, gerade nach dem Abitur“, weiß der Universitätsprofessor: „Viele der Abiturienten können sich unter den Ingenieurswissenschaften nur schwer etwas vorstellen, geraten im ungünstigen Fall an die falsche Studienrichtung und verlieren Zeit auf dem Weg in ihr Berufsleben. Ein Jahr der Selbstfindung wie das FJN hilft den jungen Leuten, neue Eindrücke und Erfahrungen zu sammeln und sich zu orientieren.“ Für ihn ist das FJN eine Win-Win-Situation: „Aus Sicht des Hochschullehrenden fördert das eine Jahr ‚Nachdenken‘ und Ausprobieren die Passfähigkeit für die spätere Berufslaufbahn und die Ernsthaftigkeit des Studierens.“

Deshalb hat Prof. Notni gleich im ersten FJN-Jahr an der TU Ilmenau die Einsatzstelle „Waldmonitor“ an seinem Fachgebiet ausgeschrieben: „Damit sich der Wald an veränderte klimatische Bedingungen anpassen kann, ist ein Waldumbau notwendig“, so Prof. Notni. „Das heißt es müssen andere Baumarten gepflanzt und für die Nutzung vorbereitet werden. Damit dies erfolgreich ist, müssen die Witterungs- und Wachstumsparameter überwacht, das heißt eine Art Frühwarnsystem zur Sicherung der Wiederaufforstung etabliert werden.“ Dafür entwickelt sein Forschungsteam, zu dem seit September auch Janek Meister gehört, so genannte multispektrale Kameras: „Sie können die vielen verschiedenen Wellenlängenbereiche des Lichts detektieren“, so der Abiturient: „Aus diesen Daten lassen sich wesentlich mehr Informationen gewinnen als aus Aufnahmen mit normalen Kameras, wodurch sie für die Gesundheitsuntersuchungen sehr gut geeignet sind.“

Technologien für die Gesundheit von Pflanzen

Auf Basis dieser Technologie bestimmen Janek und seine Kollegen die pflanzenphysiologischen Parameter und Parameter zu Vitalität und Pflanzengesundheit, beispielsweise Welke resultierend aus Wasserstress oder Befall mit blattfressenden Insekten wie Käfern und Raupen, und detektieren Fraßspuren oder Pilzbefall.

„Die meisten Tage verbringe ich am Computer und programmiere beispielsweise Tools für die Kamera oder Programme für die Auswertung der Daten“, beschreibt Janek Meister seine Tätigkeit. Betreut wird er dabei vor allem von Dr. Maik Rosenberg, dem das Waldthema eine besondere Herzensangelegenheit ist. Ab und zu gibt es deshalb auch Außeneinsätze, bei denen die beiden gemeinsam zur Versuchsfläche bei Cursdorf fahren, um Messgeräte aufzubauen oder sich um die Pflanzen zu kümmern.

„Es ist spannend herauszufinden, wie unterschiedlich die Pflanzen in verschiedenen Wellenlängenbereichen aussehen und was unseren Augen alles an Informationen entgeht, die mit Kameras mühelos eingefangen werden können“, erzählt Janek. „Auch ist es sehr interessant, Programme zu entwickeln, mit denen diese Eigenschaften der Pflanze sichtbar werden, wo man vorher mit seinen eigenen Augen keinen Unterschied gesehen hat.“

Besonders beeindruckt hat ihn der Roboterhund „Spot“, den das Fachgebiet später im Forschungsprojekt einsetzen möchte, um die Bäume im Wald mobil zu überwachen: „Die Technik dahinter und wie er sich problemlos in und um das Büro herumbewegt, ist sehr beeindruckend.  Mein liebstes eigenes Projekt war jedoch die Entwicklung eines Microcontrollers zur Frequenzmessung, da ich hier in der Gestaltung sehr frei war und es immer sehr beeindruckend ist, Software in der Hardware zu entwickeln.“

Neben der Arbeit hat Janek außerdem bei der Vorbereitung des First Lego League-Wettbewerbs geholfen und besucht mehrfach im Jahr bundesweite Seminare im Rahmen des Freiwilligenjahrs: „Das FJN ist super für alle, die sich sicher sind, dass sie im MINT-Bereich studieren wollen, sich aber noch nicht ganz sicher sind, was genau es werden soll. Während des Jahres kann man das wissenschaftliche Arbeiten kennenlernen und testen, ob einem eine gewisse Richtung wirklich gefällt oder nicht. Wer allerdings schon einen Studiengang für sich gefunden hat, sollte lieber gleich studieren gehen.“

Das nächste Freiwillige Jahr an der TU Ilmenau beginnt am 1. September 2023. Aktuell können sich Interessierte noch für zwei Forschungsprojekte zu Nachhaltigkeitsthemen in der Elektroenergietechnik und in der Medienwissenschaft bewerben. Bewerbungsfrist ist der 31. Mai.

Mehr Information und Bewerbung unter: www.tu-ilmenau.de/studium/vor-dem-studium/quicklinks/freiwilliges-jahr

Kontakt

Dr.-Ing. Katja Tonisch

Gleichstellungsbeauftragte der TU Ilmenau