Forschung

„Wir finden für jede Anwendung den optimalen Kompromiss“

Elektrische Antriebe in verschiedensten Formen, Größen und Leistungen prägen das Profil des Fachgebiets Kleinmaschinen an der TU Ilmenau. In der Lehre und sowohl der grundlagen- als auch anwendungsorientierten Forschung tauchen die Wissenschaftler tief in die Materie der elektrischen Motoren ein und entwickeln für jedes Produkt den passenden Motor.

TU Ilmenau/Eleonora Hamburg
Seit über 15 Jahren leitet Prof. Andreas Möckel kommissarisch das Fachgebiet Kleinmaschinen an der TU Ilmenau.

Ob in der Zahnbürste, in Autos oder in industriellen Maschinen – elektrische Antriebe sind aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Das Prinzip, elektrische Energie in mechanische umzuwandeln, ist bereits hinlänglich bekannt, doch Prof. Andreas Möckel, kommissarischer Leiter des Fachgebiets Kleinmaschinen an der TU Ilmenau, weiß, dass Details entscheiden: Wie groß und schwer darf beispielsweise ein Antrieb sein, damit ein herkömmliches Küchengerät gut in der Hand liegt? Wie hoch soll die Drehzahl sein, damit das Gerät eine optimale Leistung erbringt? Und wie kann es kostengünstig hergestellt werden und gleichzeitig lange für den Gebrauch halten? An seinem Fachgebiet beschäftigt sich der Wissenschaftler mit diesen und weiteren Fragen und erforscht und entwickelt elektrische Antriebe für verschiedene Anwendungen. Er erklärt, worauf es bei elektrischen Antrieben ankommt:

Die Kunst unserer Wissenschaft ist es, für jede Anwendung den optimalen Kompromiss zu finden. Obwohl wir schon seit mehr als 150 Jahren wissen, wie ein elektrischer Motor funktioniert, treibt der technologische und werkstoffwissenschaftliche Fortschritt unser Fachgebiet voran.

Messungen in Labortests

Damit jedes Gerät mit dem optimalen Antrieb ausgestattet wird, beschäftigen sich Professor Möckel und sein Team mit der Methodik der Auslegung und Optimierung bis hin zu vollautomatisierten selbstlernenden Verfahren. Die Symbiose aus technologisch und werkstofftechnisch getriebenen Fortschritt sowie die stetig wachsenden Möglichkeiten von Berechnung und Simulation gepaart mit leistungselektronisch realisierten Ansteuerverfahren geben sowohl für anwendungsorientierte als auch grundlagenorientierte Forschung ein weites Betätigungsfeld. Auf Versuchsständen werden die Konzepte in Bezug auf ihre Praxistauglichkeit getestet und optimiert. Die Wissenschaftler führen Messungen in Labortests durch und prüfen unter anderem, inwiefern die strukturelle Modellbildung als auch die Materialparameter Treffsicherheit bei der Berechnung bieten. Insbesondere bearbeitungsbedingte Materialveränderungen und parasitäre Effekte führen dazu, dass ohne eine messtechnische Absicherung keine valide Berechnung insbesondere kleinerer oder auch hoch ausgenutzter Motoren größerer Leistung möglich ist.

Während sich das Fachgebiet Kleinmaschinen in seinen Anfängen vor allem mit kleinen Antrieben befasste, erweiterte sich das Lehr- und Forschungsprofil der Wissenschaftler im Laufe der letzten zehn Jahre auf elektrische Antriebe bis zu 200 Kilowatt, die einem mittleren Leistungsbereich zuzuordnen sind. Diese werden ebenso erforscht wie Motoren für kleine Geräte wie z.B. Hilfs- und Nebenantriebe für Fahrzeuge. Vor allem elektrische Antriebe in der Fahrzeugtechnik bilden heute einen Schwerpunkt des Fachgebiets. In Kooperation mit dem Thüringer Innovationszentrum Mobilität begleitet das Fachgebiet den Teil des elektrischen Antriebes des KREARÖR-Projektes, das eng mit dem CAMIL-Projekt, bei dem automatisierte Kleinbusse in den Ilmenauer Omnibusverkehr integriert werden, verbunden ist. Im KREATÖR-Projekt soll geprüft werden, wie universell einsatzfähig ein elektrischer Antrieb für verschiedene Streckenprofile sein darf und ab welcher Änderung des Einsatzbereiches eine neue Auslegung vorteilhafter ist.

 

Praxisnahe Lehre

Seit einigen Jahren arbeitet das Fachgebiet zudem mit dem Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt zusammen – zuletzt an der Entwicklung leichter Hilfs- und Nebenmotoren im IDEAL-Projekt, die beispielsweise in LKWs zum Einsatz kommen könnten. Besonders spannend ist für die Wissenschaftler derzeit auch die Forschung rund um das autonome Fahren, wie Prof. Möckel erläutert:

Das autonome Fahren ist für uns im Zusammenhang mit der Überwachung von elektrischen Antrieben ein sehr interessantes Feld. Wir befassen uns derzeit mit der Fragestellung, wie das autonome System eine Vorhersage darüber treffen kann, wie weit der Verschleiß eines Motors fortgeschritten und wie lange seine Lebensdauer ist. Besonders spannend ist dabei der Einsatz von KI-basierten Verfahren. Dank der Verbindung zum Fachgebiet „Data-intensive Systems and Visualization Group“ und der Unterstützung durch Prof. Mäder sind bereits erste erfolgreiche Ansätze entstanden.

Am Fachgebiet Kleinmaschinen legen die Wissenschaftler nicht nur großen Wert auf eine universitäre Forschung, sondern auch auf eine praxisnahe Lehre zur Illustration des theoretischen Lehrstoffes. In der Maschinenhalle des Kirchhoffbaus bekommen Studierende und Promovierende die Möglichkeit, im Labor selbst Motoren für verschiedenste Anwendungen aufzubauen, in Betrieb zu nehmen und dabei aktiv in Forschungsprojekten mitzuarbeiten. Im späten Bachelorstudium und vor allem im Masterstudium erwerben sie hierfür grundlegende Kenntnisse, darunter das Verstehen und Anwenden der Theorie der elektrischen Maschinen, die Weiterentwicklung und die Synthese spezieller Ausführungsformen sowie die Methodik der Auslegung und Optimierung bis hin zum vollautomatisierten Entwurf. Die begleitenden praktischen Arbeiten soll sie dazu befähigen, das theoretische Wissen besser zu verstehen und weiterzuentwickeln, sagt Prof. Möckel:

Mit den Kenntnissen zu elektrischen Antrieben, unterlegt mit den praktischen Arbeiten, wollen wir unsere Studierenden dazu befähigen, über sich selbst hinauszuwachsen. An der TU Ilmenau beschäftigen wir uns sehr vertieft mit der Materie, das gibt unseren Studenten die Qualifikation, an aktuellen Themen der elektrischen Maschinen auch auf höchsten Niveau mitzuarbeiten.

Kontakt

Prof. Andreas Möckel

Kommissarischer Leiter des Fachgebiets Kleinmaschinen