Studium

Projekt examING: Mit großen Schritten in Richtung Digitalisierung der Hochschullehre

An vielen Universitäten werden Prüfungen traditionell in schriftlicher Form abgelegt. Die TU Ilmenau geht mit dem Projekt examING neue Wege: Bachelorstudierende ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge können ihre Prüfungen nicht nur digital absolvieren, sondern auch eigene praktische Projekte als Prüfungsleistung einreichen. In so genannten Makerspaces, Werkstätten an der TU Ilmenau, können sie sich handwerklich ausprobieren. Das Konzept bereitet die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure auf die fachspezifischen Anforderungen in ihrem späteren Berufsleben vor.

Junge Menschen schauen auf Versuchsaufbau ari
Studierende an der TU Ilmenau sollen künftig auch eigene praktische Projekte als Prüfungsleistung einreichen können.

Aufgrund der weltweiten pandemischen Lage seit dem Frühjahr 2020 war es erforderlich, die Hochschullehre in hybrider Form oder vollständig online anzubieten. Um die hier entstandenen Ideen umzusetzen und ad hoc Lösungen sowie auch schon vor der Pandemie angebotene Formate weiter zu entwickeln, wurde das Projekt examING an der Technischen Universität Ilmenau ins Leben gerufen. Das Projekt wird von August 2021 bis Juli 2024 durch die Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“ gefördert und arbeitet daran, für die spezifischen Anforderungen der Kompetenzentwicklung und -prüfung vor allem in ingenieurwissenschaftlichen Bachelorstudiengängen digital gestützte Ansätze und Lösungen zu finden. Neun hochschulinterne Teilprojekte erarbeiten, verteilt über alle Fakultäten, gemeinsam Lösungsansätze, erproben diese und setzen die für gut befundenen Ergebnisse um, zentral unterstützt vom Universitätsrechenzentrum und dem Zentralinstitut für Bildung.

Das Projekt examING baut auf drei Säulen auf und ist in mehrere Teilprojekte gegliedert. Neben dem Errichten eines Makerspaces konzentriert sich das Projekt vermehrt auf Lösungen, wie in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen fachwissenschaflich und kompetenzorientiert geprüft werden kann. Um dies zu ermöglichen, wird ein besonderes Augenmerk auf die Infrastruktur der Universität gelegt. Über die neun Teilprojekte in den Fakultäten werden die Schwerpunkte „Anwendung von Software für Prüfungen und Lehre“, „Digitalisierung der praktischen Ausbildung“ sowie „Erneuerung und Anpassung von Prüfungsformaten an digitale Anforderungen“ bearbeitet; das erfolgt in enger Zusammenarbeit auch zwischen den Projekten.

Prüfungen auf dem Prüfstand: Kompetenzorientierung

Traditionell finden viele Prüfungen an Universitäten als schriftliche Prüfungen mit Stift auf Papier statt: Die Klausur ist nach wie vor eine vielverwendete Prüfungsart. Die Digitalisierung von Prüfungen birgt vielfältige Verbesserungspotentiale sowohl für Studierende als auch für Lehrende. So bedeutet eine „e-Klausur“ nicht notwendigerweise ein Multiple-Choice Formular, bei dem aus Antwortmöglichkeiten ausgewählt wird. Sondern es können z.B. Software-Tools, die im Vorfeld in Vorlesungen und Übungen verwendet wurden, in die schriftliche Abschlussprüfung  mit einbezogen werden. Statt auf Papier können Lösungen mit zeitgemäßer Technikunterstützung erstellt und als Prüfungsleistung digital abgegeben werden. Für die Studierenden bedeutet dies, dass sie ihre Kompetenzen in den wissenschaftlichen Grundlagen mit anwendungsorientierten Kompetenzen durch angemessene Nutzung von Technikunterstützung erweitern und als Prüfungsleistungen unter Beweis stellen können. Damit wird sichergestellt, dass kein Bruch zwischen moderner Lehre einerseits und traditioneller Prüfungssituation andererseits besteht. Darüber hinaus wird hierdurch die Berufsfähigkeit (employability) der Absolventen unterstützt, die Wege in die Wissenschaft und die Wirtschaft gleichermaßen eröffnen soll. Für die Lehrenden entsteht mit den e-Klausuren natürlich der Vorteil, (teil-)automatisierte Auswertungen und Korrekturunterstützung zu nutzen. Aber gerade die Möglichkeiten, die durch Einbindung von z.B. Entwurfstools in den Prüfungsprozess entstehen, erlauben es den Lehrenden, ihre Prüfungen besser auf die in den Veranstaltungen zu erzielenden Lernergebnisse anzupassen und diese auch passgenau zu überprüfen. Das führt neben der Neugestaltung der (e-)Klausur auch zum Einsatz von weiteren Prüfungsformaten wie z.B. e-Portfolios. Die neun Teilprojekte des examING-Projektes loten hier jeweils Lösungen für fachspezifische Anforderungen in den Ingenieurwissenschaften aus.

Ein e-Prüfungshörsaal für die TU Ilmenau: Umbauten im Auditorium Maximum

Die Durchführung von digitalen Prüfungen erfordert infrastrukturelle Anpassungen. Räume müssen so eingerichtet sein, dass Studierende ihre Prüfungen an vorhandenen Geräten oder auf eigenen, mitgebrachten Laptops ablegen. Letztere Vorgehensweise wird im Rahmen des examING-Projekts als sogenanntes Bring-Your-Own-Device (BYOD)-Szenario im Auditorium Maximum der Universität umgesetzt. Dazu wird das Audimax mit Steckdosen an allen Plätzen und ausgeweiteter, stabiler WLAN-Versorgung durch zusätzliche Accesspoints ausgestattet. Zusätzlich stehen Leihgeräte zur Verfügung für diejenigen Studierenden, die keinen eigenen Laptop zur Verfügung haben oder deren Gerät just vor der Prüfung nicht einsatzfähig ist.

„Die Mach-Werkstatt: Ein Makerspace für die TU Ilmenau“

Mit der dritten Säule des examING-Projekts soll ein Makerspace – eine Mach-Werkstatt – realisiert werden. Hierbei ist das Wort „Makerspace“ durchaus wörtlich zu nehmen. Es soll ein Raum geschaffen werden, der – verteilt auf auf mehrere physikalische Orte – ingenieurwissenschaftliches, praktisches Arbeiten ermöglicht.  Jeder soll die Möglichkeit bekommen eigene Projekte und Ideen in Eigenregie und mit fachlicher Unterstützung umzusetzen. Ein Ort, um sich kreativ zu entfalten und praktische Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Im Projekt examING wird an der Vernetzung bereits bestehender Möglichkeiten gearbeitet und neue geschaffen. Wichtige Bestandteile für diese Mach-Werkstatt sind  zum Beispiel die Studierendenwerkstatt UNIKAT sowie die Lehrwerkstatt, die beide seit vielen Jahren an der TU Ilmenau ansässig sind und Studierende mit ihrem Fachwissen betreuen und bei Ideen und Projekten unterstützen. Um die Mach-Werkstatt in der TU Ilmenau bekanntzumachen und an die Bedürfnisse vor Ort anzupassen, werden im Rahmen von Workshops Anforderungen erhoben und Stakeholder eingebunden. Der erste Workshop fand am Dies academicus im Juni 2022 statt unter dem Motto „Ein Makerspace für den Makerspace“, bei dem unter reger Beteiligung viele Ideen gesammelt werden konnten. Diese wurden in einem zweiten, ebenfalls hochschulweiten Workshop konkretisiert und werden fortlaufend unter Beteiligung aller Interessierten angepasst und evaluiert. Es besteht Konsens, dass für das Gelingen und Weiterbestehen eines solchen Makerspaces die aktive Beteiligung der Lehrenden und Professoren sowie die feste Einbindung in den Studienablauf der Ingenieure von morgen ausschlaggebend sind.

Die Mach-Werkstatt für die TU Ilmenau wird als „Blended Makerspace“ umgesetzt, d.h. die  Einstiegs- und Orientierungsphase wird digital abgebildet. Die Projektdurchführung passiert dann vor Ort in den verschiedenen Werkstätten und Arbeitsräumen. Präsentationsmöglichkeiten und weiterführende Angebote wie z.B. Gründungsunterstützung durch den Ilmkubator werden wiederum digital bereitgestellt bzw. beworben.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.tu-ilmenau.de/examing, Neuigkeiten werden auch über Twitter gepostet.

Kontakt

Dr. Nicola Henze

Zentralinstitut für Bildung / Hochschuldidaktik