Forschung

Themenjahr Umwelt und Gesundheit: Forschung für ein gesundes Leben

Technologien als Wegbereiter für unser Wohbefinden – in zahlreichen interdisziplinären Forschungsprojekten entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Ilmenau innovative technologische Lösungen, die unsere Lebensqualität steigern. Beim Kick-off des neuen Themenjahrs Umwelt und Gesundheit sprachen Forschende über ihre wegweisende Arbeit.

TU Ilmenau/Annika Mehlis
Kick-off Themenjahr im Audimax: Prof. Jens Haueisen, Prof. Doris Heinrich, Dr. Claudia Lenk und Prof. Hartmut Witte sprachen mit Moderator Marco Frezzella (Mitte) über ihre Forschungsprojekte.

Möglichst lange gesund zu leben – das streben viele Menschen an. Neue technologische Lösungen in der Medizintechnik, Sensorik oder Messtechnik erhöhen nicht nur unsere Lebensqualität, sondern auch die Heilungschancen zahlreicher Krankheiten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit erforschen vielversprechende Technologien und Methoden, die unsere Gesundheit und Umwelt erhalten – so auch an der Technischen Universität Ilmenau. In interdisziplinärer Zusammenarbeit leisten sie Spitzenforschung, die es möglich macht, unsere heimischen Wälder zu bewahren, hörbeeinträchtigten Personen ihre Hörfähigkeit wiederzugeben, sich dank maßgeschneiderter Prothesen besser bewegen zu können oder OP-Patientinnen und -Patienten schonend zu beatmen.

Im Themenjahr Umwelt und Gesundheit bündelt die TU Ilmenau ihre Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet und stellt eine Reihe von innovativen Forschungsprojekten vor, die Menschen ein gesundes, selbstbestimmtes und langes Leben ermöglichen. Den Auftakt machen vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Forschungsarbeiten bei dem offiziellen Kick-off des Themenjahrs im Audimax vorstellten.

Intelligente Hörgeräte

Das Fachgebiet Mikro- und nanoelektronische Systeme bildet Prinzipien biologischer Informationsverarbeitung und -speicherung in elektronischen Systemen nach. Dr. Claudia Lenk ist Post-Doktorandin am Fachgebiet und Leiterin der Nachwuchsgruppe Biosensorik. Sie möchte Hörgeräte entwickeln, die Menschen mit Hörbeeinträchtigung ihre Hörfähigkeit weitgehend zurückgeben. Inspiriert von der Biologie orientieren sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im großangelegten Forschungsverbundprojekt NeuroSensEar am menschlichen Ohr und erforschen intelligente Hörgeräte. Im Gegensatz zu konventionellen Hörgeräten passen sie sich ihren Tragenden sowie der jeweiligen Situation an und verbessern so das Sprachverstehen. Störgeräusche in lauten Umgebungen wie einem belebten Restaurant werden durch das Gerät automatisch selektiert, sodass sich Tragende auf die Stimme ihrer Gesprächspartnerinnen und -partner konzentrieren können – so, wie es beim Hören ohne Hörgerät funktioniert.

Darüber hinaus stellen Dr. Claudia Lenk, Prof. Martin Ziegler und ihre Kolleginnen und Kollegen die Energieeffizienz elektronischer Geräte in den Fokus. Unter dem Schwerpunkt der grünen Elektronik wollen sie Systeme in die Anwendung bringen, die durch eine intelligente Informationsverarbeitung Strom einsparen.

Schonende Patientenbeatmung

Am Institut für Biomedizinische Technik und Informatik (BMTI) erforschen und entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Jens Haueisen technikorientierte Methoden und Systeme zur Früherkennung, Diagnose, Therapie und Rehabilitation von Krankheiten. Im eVent-Projekt erforschen sie eine neue Methode zur künstlichen Beatmung. Diese stellt eine schonendere Alternative zur mechanischen Beatmung dar, bei der mit Überdruck Luft in die Lunge gepresst wird. Mögliche Folgen können Verletzungen der Lunge, Infektionen und eine Beeinträchtigung der Zwerchfellfunktion sein. Die neue Methode minimiert diese Risiken. Mit Elektroden wird der Nervus phrenicus (Zwerchfellnerv) elektrisch stimuliert und die Atemmuskulatur kontrahiert. Mithilfe dieser Elektro-Ventilation entsteht eine natürliche Atembewegung, sodass die Muskulatur sich auch bei längerer Beatmung nicht zurückbildet und zum Beispiel die Phase der Entwöhnung nach einer Operation erheblich verkürzt wird.

In weiteren Forschungsprojekten erproben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Trockenelektroden-EEG-Systeme zur Überwachung der Hirnaktivität, den Einsatz digitaler Avatare in Medizin und Pflege oder intelligente Kleidung, die ihre Trägerinnen und Träger an potentiell gefährlichen Arbeitsplätzen vor Risiken warnt.

Biomechatronik für die Präzisionschirurgie

Seit mehr als 20 Jahren bildet das Fachgebiet Biomechatronik eine Schnittstelle zwischen der Mechatronik, der Biologie und der Medizin. Unter der Leitung von Prof. Hartmut Witte, Maschinenbauingenieur und Arzt, befassen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der gesamten Bandbreite der Medizin - von Prävention, Diagnostik und Therapie bis zur Rehabilitation.

Im Forschungsverbundprojekt Sensorisierte Chirurgie entwickeln sie zusammen mit Kolleginnen und Kollegen in Jena ein Verfahren für die Roboterchirurgie, mit dem die Grenzen bösartiger Tumore beim Einsatz von Operationsrobotern wesentlich effektiver als bisher möglich bestimmt werden können: Indem den Bedienenden der Roboter das Gewebe und seine Umgebung virtuell zum Tasten dargestellt werden, können sie mit Unterstützung durch KI besser entscheiden, wo geschnitten werden soll. Gesundes Gewebe würde nicht wegoperiert werden, wie es bei Operationen aus Sicherheitsgründen oftmals geschieht, und die hohe Präzision der Roboter könnte zum Nutzen der Patienten beitragen.

Am Fachgebiet beschäftigen sich die Forschenden mit vielfältigen Anwendungen im Themenfeld Umwelt und Gesundheit. So entwickelten beispielsweise Studierende ein intelligentes T-Shirt, das die Bewegungen des Rückens misst und Fehlhaltungen verhindert. Zudem sind die Forschenden im Rahmen des Waldmonitorings auch in der Vermessung von Bäumen aktiv und realisierten ein kosten- und handhabungsoptimiertes Gerät, mit dem das Wachstum des Stammumfangs gemessen und aufgezeichnet werden kann.

Maßgeschneiderte KI-Prothesen

Grundlagenforschung aus den Lebenswissenschaften in Anwendungen zu überführen – diesen Anspruch verfolgt das Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik e.V. (iba). Geleitet wird das An-Institut der TU Ilmenau von Prof. Dr. Doris Heinrich, die ebenfalls die Professur Biotechnische Mikro- und Nanosysteme für die Lebenswissenschaften an der TU Ilmenau innehat. Im Forschungsprojekt Bone-Infection-on-a-Chip bilden die Forschenden eine durch das Covid 19-Virus verursachte Infektion des Knochengewebes auf einem Chip ab. Dies ermöglicht eine schnelle und einfache Analyse der Auswirkungen einer Infektion und bietet Aufschlüsse über mögliche Therapieansätze. Auf dem Gebiet der 3D-Biointerfaces stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem maßgeschneiderte Knieprothesen her, indem sie individuelle Daten der Patientinnen und Patienten mittels KI auswerten.

Zukünftig wird auch die Nutzung von Quanteneffekten mit Fokus auf eine hocheffiziente Sensorik  für die Life Sciences einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeit des An-Instituts darstellen.