Medaillenregen für Ilmenauer Erfinderteams
19.05.2022

Medaillenregen für Ilmenauer Erfinderteams

 

Die Innovationsstärke Ilmenauer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat sich bei der Auszeichnungsveranstaltung für Thüringer Erfinder, die an der internationalen Fachmesse iENA 2021 „Ideen – Erfindungen – Neuheiten“ in Nürnberg beteiligt waren, erneut bestätigt: Allein sieben von elf für ihren Neuheitsgrad und ihr Verwertungspotenzial mit einer Medaille ausgezeichneten Thüringer Technologieangebote, Systeme und Verfahren stammen von der TU Ilmenau. Drei davon erhielten eine Goldmedaille. Insgesamt waren auf der iENA am 7. November über 350 Erfindungen aus 17 Ländern vorgestellt worden. Pandemiebedingt konnte die Auszeichnungsveranstaltung in Thüringen erst jetzt stattfinden.

Tisch mit MedaillenAndreas Heckel
Medaillenregen für die TU Ilmenau bei der iENA 2021

„Das hervorragende Abschneiden der TU Ilmenau zeigt nicht nur die besondere Erfinderstärke unserer Universität, sondern auch die Bandbreite an technischen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen, die auf Ideen und Erfindungen unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beruhen“, so Prof. Jens Müller, Vizepräsident für Internationale Beziehungen und Transfer der TU Ilmenau, anlässlich der feierlichen Medaillenvergabe am 17. Mai im Senatssaal der TU Ilmenau. Ausgezeichnet wurden Patente aus den Bereichen Fahrzeugtechnik und Medizintechnik. Aber auch Erfindungen auf den Gebieten der Künstlichen Intelligenz, der Sensor- und Messtechnik wurden von der Fachjury gewürdigt und können so künftig ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen zugutekommen.

Während die Zahl der Erfindungen aktuell pandemiebedingt sowohl deutschland- als auch thüringenweit rückläufig ist, nutzten einige der Ilmenauer Erfinderteams die Corona-Zeit gezielt, um ihre Ideen für mehr Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder zum Wohle der Gesundheit weiterzuentwickeln und in Patente zu überführen – und das mit großen Erfolg, wie die Goldmedaille für ein Forscherteam aus der Fahrzeugtechnik zeigt. Prof. Klaus Augsburg, David Hesse, Vincenzo Ricciardi und Christopher Hamatschek haben ein neues Fahrzeugzustandsregelungssystem und ein Verfahren entwickelt, das Nicht-Abgas-Emissionen reduzieren soll, insbesondere solche, die durch physikalische Prozesse wie den Abrieb und Verschleiß von Reifen und Bremsen entstehen und aktuell für den Großteil des innerstädtisch messbaren Feinstaubs verantwortlich sind. Mit Hilfe des Regelungssystems ist es möglich, kommende Grenzwerte zum Beispiel für eine Fahrt im innerstädtischen Bereich gezielt zu unterschreiten.

Einen Beitrag zum Erkennen zellulärer Stoffwechselveränderungen am Augenhintergrund möchten Dr. Dietrich Schweitzer sowie Prof. Jens Haueisen und Dr. Matthias Klemm vom Institut für Biomedizinische Technik und Informatik der TU Ilmenau mit ihrer Erfindung leisten. Für ein von ihnen entwickeltes neuartiges Laser Scanner Ophthalmoskop und ein innovatives Verfahren zur Eliminierung störender Einflüsse bei der zeitaufgelösten Messung der extrem schwachen Fluoreszenz körpereigener Substanzen wurden die Wissenschaftler ebenfalls mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Das Verfahren macht nicht nur die Frühdiagnostik metabolischer Veränderungen möglich, sondern kann auch zur Untersuchung von Hautschichten bei Verdacht auf Krebs eingesetzt werden.

Die dritte Goldmedaille erhielt ein Forscherteam des Fachgebiets Technische Mechanik: Prof. Klaus Zimmermann, Prof. Valter Böhm, Dr. Jhohan-Harvey Chavez-Vega und Dr. Tobias Kaufhold haben einen innovativen Greifer entwickelt, der auf dem sensorgesteuerten Zusammenspiel hochelastischer, verformbarer und magnetisch steuerbarer Kunststoffe basiert. Diese Elastomere sind in der Lage, sensible Objekte zu ertasten und sich ganz verschiedenen Formen anzupassen. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten insbesondere für die Industrierobotik.

Die 11 Gewinner Andreas Heckel
Insgesamt elf Thüringer Erfinderinnen und Erfinder, die an der internationalen Fachmesse iENA 2021 „Ideen – Erfindungen – Neuheiten“ in Nürnberg beteiligt waren, wurden mit einer Medaille ausgezeichnet

Zu den weiteren, mit einer Silbermedaille ausgezeichneten Erfindungen gehören außerdem ein neues Verfahren und eine Vorrichtung für exaktere optische Messungen von technischen Oberflächen mit geneigten Flanken, Freiformoberflächen oder hoch verkippten Flächen. Entwickelt wurde das konfokale Mikroskop von Johannes Belkner und Prof. Dr.-Ing. Eberhard Manske am Institut für Prozessmess- und Sensortechnik. Es wird derzeit zur Antastung und Messung von Oberflächen auf Nanopositionier- und Nanomessmaschinen eingesetzt. Dadurch wird die Vermessung von mikroskopischen Strukturen verbessert und die Fertigung von Nanostrukturen auf komplexen Substraten ermöglicht. Das Verfahren könnte in Zukunft auch eingesetzt werden, um die in der industriellen Prüftechnik weit verbreiteten Laser-Scanning-Konfokalmikroskope zu verbessern.

Ebenfalls eine Silbermedaille erhielt Prof. Peter Husar für das von ihm entwickelte Verfahren zur elektrischen Stromstimulation für den Einsatz in der Elektrotherapie neurologischer Probleme. Während die bisherige Technologie weitgehend auf der direkten Anwendung von Gleichstrom (DC) basiert, ermöglicht es das neue Verfahren, eine Signalform des eingespeisten Stromes zu generieren, die einerseits die Bildung von ungewollten Zersetzungsspannungen an den Kontaktstellen vermeidet, andererseits den gewünschten Gleichstrom bzw. eine Gleichspannung an den Neuronen im Gehirn erzeugt.

Meteorologische Wetterstationen, Lagerräume oder Klimakammern mit hohen Anforderungen an eine exakte Temperaturmessung können künftig von einer Erfindung von Silke Augustin, Prof. Thomas Fröhlich, Helge Mammen und Juan Sebastian Marin-Toro profitieren: Gemeinsam haben sie eine Vorrichtung und ein Verfahren für die automatische, rückführbare Kalibrierung von Thermometern zur Umgebungstemperaturmessung entwickelt. Die Erfindung, die mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet wurde, ermöglicht eine automatisierte Kalibrierung eines Thermometers vor Ort, ohne dass das Thermometer aus seiner Messstelle ausgebaut werden muss.

Die zweite Bronzemedaille ging an den Fahrzeugtechniker Martin Schiele für die Entwicklung einer Methodik zur Generierung digitaler Zwillinge mithilfe neuronaler Netze durch das sogenannte "Supervised Learning", um diese als Lernumgebung für andere Algorithmen des "Reinforcement Learning" bereitzustellen. Durch die virtuellen Abbildungen der Objekte lassen sich am Computer vollautomatisch und damit schnell und effizient Regelstrategien trainieren, die günstiger sind als aufwändige manuelle Verfahren zur Parametrierung der Regler und Steuerung der Objekte. Insbesondere komplexe Industrie- oder Haushaltssysteme werden damit billiger und schneller betriebsbereit.

Die Erfindungen Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden jedes Jahr vom Patentmanagement des Landespatentzentrums Thüringen PATON auf der iENA in Nürnberg präsentiert. Das PATON-PTH wird die Erfinder nun auch auf dem Weg zu einer Verwertung der Patente beraten und begleiten.