31.08.2022

TU Ilmenau: Mit Künstlicher Intelligenz Erscheinungen am Nachthimmel auf der Spur

Ein Meteor geht über der südindischen Stadt Mettupalayam niederPrasenjeet Yadav
Ein Meteor geht über der südindischen Stadt Mettupalayam nieder

Die Technische Universität Ilmenau verbessert mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz die Erfassung und Klassifizierung nicht identifizierter Erscheinungen am Nachthimmel. Die Forschungsarbeiten des Fachgebiets Datenintensive Systeme und Visualisierung kommen AllSky7 zugute, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern und Hobbyastronomen, das den Nachthimmel permanent mit Spezialkameras beobachtet und alle Ereignisse klassifiziert und zuordnet. Die Arbeiten des Ilmenauer Wissenschaftlerteams ordnen sich in das Themenjahr der TU Ilmenau „Vernetzte Welt“ ein, das die Forschungsschwerpunkte der Universität hervorhebt.

Wenn wir nachts gen Himmel schauen, versetzen uns manchmal leuchtende Erscheinungen in Erstaunen. Einige können wir uns erklären: atmosphärische Turbulenzen, die die Sterne funkeln lassen zum Beispiel, oder Meteoriten, die als Sternschnuppen in der Erdatmosphäre verglühen. Andere sind auf dem ersten Blick vielleicht rätselhafter: rasend schnell vorbeiziehende Satelliten oder Raketentriebwerke, die zur Erde fallen. Alle Erscheinungen am Nachthimmel auf der ganzen Welt zu erfassen, zu erkennen und zu klassifizieren, hat sich das AllSky7-Netzwerkzum Ziel gesetzt. Das internationale Team wurde 2018 von der American Meteor Society ins Leben gerufen, einer gemeinnützigen wissenschaftlichen Organisation, die die Forschungsaktivitäten von Amateur- und professionellen Astronomen fördert.
 

Detailaufnahme der Allysky7AllSky7
Mit Spezialkameras scannt AllSky7 permanent den Nachthimmel

AllSky7will präzise zuordnen, welche Erscheinungen Meteore sind, also Meteoriten, die in der Erdatmosphäre verglühen, und welche andere Ursachen haben. In 85 Beobachtungsstationen in Europa und den Vereinigten Staaten scannen 360-Grad-Spezialkameras den Himmel ununterbrochen und möglichst flächendeckend und ermöglichen so, die vielen Ereignisse am Nachthimmel zu klassifizieren und zuzuordnen. Die Computer, die diese Analysen durchführen, verfügen allerdings nur über eine vergleichsweise geringe Rechenleistung und daher mussten die Algorithmen, mit denen die Daten berechnet werden, so ressourcensparend wie möglich ausgerichtet werden. So waren die bisherigen Algorithmen nur auf wenige sogenannte Positivklassen trainiert, das heißt, sie waren nur unzureichend in der Lage, Meteore von sonstigen Ereignissen zu unterscheiden.

Über sechs Monate identifizierten und dokumentierten Martin Hofmann und Rabea Sennlaub am Fachgebiet Datenintensive Systeme und Visualisierung an der TU Ilmenau präzise die Daten von 20.000 Himmelsereignissen der AllSky7-Station in der Sternwarte im Thüringischen Sonneberg. Von der Effizienz der Algorithmen, die auf der Grundlage der Beobachtungen entwickelt wurden, ist Martin Hofmann begeistert: „Mit Hilfe von KI-Methoden fein-granulare und detaillierte Abertausende einzelne Kameraaufnahmen zu katalogisieren, hat es uns ermöglicht, neue Objektklassen in bisher nicht erreichter Erkennungsgenauigkeit zu unterscheiden“.

Detailaufnahme von Martin HofmannTU Ilmenau/Dino Junski
Martin Hofmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Datenintensive Systeme und Visualisierung

Von den thüringischen Forschungsergebnissen profitiert nun das gesamte AllSky7-Netzwerk.Der Astronom Dr. Peter Kroll, Leiter der Sternwarte Sonneberg, wo ebenfalls eine Kamera installiert ist, hält die Ergebnisse in ihrem Bereich für einzigartig: „Die Daten, wie wir sie jetzt erheben können, heben unsere Beobachtungen des Himmels auf ein ganz neues Niveau.“ In der Tat ermöglichen die Daten nun eine ungleich präzisere Schätzung der Menge an Weltraumschrott, der Kommunikationssatelliten und nicht zuletzt die Besatzungen von Raumstationen gefährdet. Und sie helfen auch, den Ort zu lokalisieren, an dem Meteoriten, die nicht in der Erdatmosphäre verglüht sind, auf der Erde aufgekommen sind. So können die Gesteinsreste untersucht und damit mehr über den Ursprung des Sonnensystems gelernt werden.

Die Arbeit von Martin Hofmann und Rabea Sennlaub wurde im Journal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ unter dem Titel „Object classification on video data of meteors and meteor-like phenomena: algorithm and data“ (DOI: 10.1093/mnras/stac1948) veröffentlicht. Das Journal teilt schon seit 1872 einzigartige Erkenntnisse über den Weltraum mit der Welt. 

 

Kontakt

Prof. Patrick Mäder
Fachgebiet Datenintensive Systeme und Visualisierung

+49 3677 69-4839
patrick.maeder@tu-ilmenau.de

 

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