Google Suche
Marco Frezzella
Pressesprecher
Haus G, Max-Planck-Ring 14
98693 Ilmenau
+ 49 3677 69-5003
marco.frezzella@tu-ilmenau.de
Die Technische Universität Ilmenau hat gemeinsam mit Forschungspartnern ein Mikrofon entwickelt, das von der Biologie inspiriert ist und Schall ähnlich wie das menschliche Ohr aufnimmt. Das Mikrofon könnte helfen, die Spracherkennung zur Steuerung einer Vielzahl von digitalen Anwendungen zu verbessern. Das neue Verfahren könnte in Zukunft akustische Gesamtsysteme aus Mikrofon und Spracherkennung sogar effizienter machen, sodass sie weniger Energie verbrauchen. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten des Fachgebiets Mikro- und nanoelektronische Systeme der TU Ilmenau und seiner Forschungspartner wurden soeben im renommierten internationalen Fachmagazin Nature Electronics veröffentlicht.
Technologien zur Spracherkennung wie Alexa oder Siri haben in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht. Sie können inzwischen Sprachbefehle zum Beispiel zur Steuerung von Handys, zur Bedienung eines Weckers oder auch unterschiedlichster Smart-Home-Anwendungen sehr gut verstehen. Laute Umgebungen mit vielen verschiedenen Geräuschen wie Bahnhöfe, Restaurants oder Straßen sind jedoch für derzeitige Technologien mit konventionellen Mikrofonen noch sehr problematisch. Das menschliche Gehör ist dagegen in der Lage, die Stimmen einzelner Personen in lauten Umgebungen mit einer Vielzahl an Hintergrundgeräuschen herauszuhören und das Gesagte zu verstehen.
Die Vorzüge des menschlichen Ohrs hat sich nun ein Forscherteam der TU Ilmenau, der Christian-Albrechts-Universität Kiel, des Karlsruher Instituts für Technologie, des University College Cork und des Ilmenauer Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie zunutze gemacht. Dabei bilden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Funktion des Innenohrs nach, denn das unterstützt beim Menschen das Hörverstehen insbesondere in lauten Umgebungen. Das von ihnen entwickelte bio-inspirierte Mikrofon nutzt drei Eigenschaften des menschlichen Gehörs:
Technologisches Herzstück des bio-inspirierten Mikrofons sind den Haarzellen nachempfundene Biegebalken aus Silizium mit einer Länge von einem Drittel Millimeter bis etwas über einen Millimeter. Dieser Längenunterschied bewirkt, dass jeder Biegebalken nur auf einen einzelnen Ton des Schallsignals reagiert (Punkt 1). Eine elektronische Steuerung ermöglicht es, die Eigenschaften jedes Biegebalkens, wie zum Beispiel die Verstärkung, separat zu steuern (Punkt 2) und so an verschiedene, zum Beispiel unterschiedlich laute Umgebungen anzupassen (Punkt 3).
Dank der für jede Tonhöhe separat steuerbaren und automatischen Anpassung an das Schallsignal werden die relevanten Signale hervorgehoben. Dadurch, so die Idee der Forscherinnen und Forscher, ist für die Sprachanalyse weniger Rechenleistung und somit für das Gesamtsystem aus Spracherkennung und Mikrofon weniger elektrische Energie nötig. Vor allem Anwendungen mit begrenzten Energiekapazitäten, etwa Hörgeräte, wären so in der Lage, deutlich komplexere Sprach- und Schallanalysen durchzuführen. Zudem ermöglicht die Herstellung des bio-inspirierten Mikrofons auf Basis von Siliziumtechnologie nicht nur eine mikrometergenaue Fertigung, sondern auch eine kostengünstige Massenproduktion.
Gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Partnereinrichtungen will die TU Ilmenau nun Prototypen des Bio-inspirierten Mikrofons entwickeln. Mögliche Einsatzgebiete sind neben Sprachassistenzsystemen und Hörgeräten auch Technologien zur Überwachung von Maschinen in der Produktion.
Realisiert wurde der Demonstrator des neuen bio-inspirierten Mikrofons im „ForLab Ilmenau für neuromorphe Elektronik“, das durch das Bundesforschungsministerium unterstützt wird. Das ForLab ist am Zentrum für Mikro- und Nanotechnologien (ZMN) der TU Ilmenau angesidelt.
Die in Nature Electronics veröffentlichten Forschungsergebnisse entstanden im Rahmen von zwei großen Forschungsprojekten der TU Ilmenau: „SFB 1461 – Neuroelektronik: Biologisch inspirierte Informationsverarbeitung“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, und „MemWerk“, gefördert von der Carl-Zeiss-Stiftung, in dem die TU Ilmenau intelligente Werkstoffe für biologisch inspirierte Elektronik erforscht.
Website: https://www.nature.com/articles/s41928-023-00957-5
DOI-Nummer: 10.1038/s41928-023-00957-5
Dr. Claudia Lenk
Fachgebiet Mikro- und nanoelektronische Systeme
+49 3677 69-1589
mnes@tu-ilmenau.de