VNB-DC

Hintergrund
Die klimapolitischen Ziele in Deutschland sehen eine nahezu vollständige Dekarbonisierung der Volkswirtschaft bis 2045 vor. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die dargebotsabhängigen Energieträger Solarenergie, Windenergie-offshore und Windenergie-onshore deutlich ausgebaut werden. Der Anschluss von Photovoltaik (PV) und Wind-onshore erfolgt überwiegend in den Spannungsebenen der Verteilernetze. Die technische Auslegung der Verteilernetze muss für die neuen Anforderungen weiterentwickelt werden.
Der EE-Ausbau erfolgt uneinheitlich entsprechend den zur Verfügung stehenden, lokalen Potenzialen. Die derzeitigen zentralen Verteilernetzstrukturen verhindern jedoch, durch den Umweg über die Übertragungsnetze, die EE effizient zum regionalen Verbrauchsort zu transportieren. Durch eine Entwicklung von dezentralen Verteilernetzstrukturen, analog zu Abbildung 1, kann dem begegnet werden. Hierzu sind neuartige Konzepte zur Vernetzung der EE mit den regionalen Verbrauchsschwerpunkten zu erforschen. Es bedarf im Verteilernetz neuer Technologien und der Formung eines „Gesamtsystems“ mit der Verwertungskaskade aus Erzeugung, Verbrauch zum Erzeugungszeitpunkt und optionaler saisonaler Speicherung.
 

Abbildung 1    Entlastung der Netzinfrastruktur durch Verteilernetzverbund mittels Gleichstromübertragungs-Technologie

Im Rahmen des Vorhabens Verteilernetzverbund mittels Gleichstromübertragungstechnologie (VNB-DC) sollen neuartige technologische Umsetzungsoptionen und Methoden zur koordinierten Betriebsführung von Gleichstromübertragung (GÜ) zur Kopplung von Hochspannungs-Verteilernetzen entworfen und untersucht werden. Dabei wird insbesondere das Ziel verfolgt mehrere Punkt-zu-Punkt-Verbindungen so in den Netzbetrieb zu integrieren, dass ein Leistungsaustauch zwischen einspeisestarken und laststarken Regionen innerhalb der Verteilernetze direkt auf der Hochspannungsebene möglich ist. Im Fokus der Betrachtungen liegt die 110 kV-Spannungsebene.

Zielstellungen
Ziel des Vorhabens ist es den Netzbetrieb effizienter zu gestalten und neue Möglichkeiten zum Erfüllen des NOVA-Prinzips (Netzoptimierung vor Netzverstärkung und Ausbau) aufzuzeigen. Dabei stehen die Entwicklung von Methoden und Konzepten für
•    Betriebsführungstechnologie
•    Anlagentechnologie
•    Netzführungstechnologie
im Vordergrund. 


Untersuchungsrahmen
Im Rahmen des Vorhabens werden GÜ-Netzkopplungen zunächst aus technischer Sicht betrachtet, um Anforderungen und Anwendungsfälle solcher Kopplungen zu ermitteln. Zudem gilt es, Methoden und Konzepte zur koordinierten Betriebsführung von GÜ-Kopplungen zu entwickeln, um die Interessen der Netzbetreiber zu berücksichtigen und das Potential zur Erbringung von Systemdienstleistungen optimal zu nutzen. Dabei wird eine Kompatibilität zu bestehenden Prozessen im netzbetreiberübergreifenden Netzbetrieb (z.B. DACF, IDCF) angestrebt und Synergien zu geplanten Änderungen im Netzbetrieb (z.B. RD2.0) geschaffen. Außerdem ist eine umfangreiche ökonomische Betrachtung von GÜ-Kopplungen an priorisierten Beispielen Ziel der Untersuchungen. Weiterhin ist eine Demonstration des GÜ-Betriebs in einer modernen Leitwartenumgebung vorgesehen.

Für die Untersuchungen wird ein realitätsnahes Netzmodell erstellt, das die Netzgebiete der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Strom mbH (Teil Sachsen-Anhalt), der Thüringer Energienetze, des Bayernwerks sowie überlagerte Übertragungsnetzstrukturen beinhaltet. Das Netzmodell dient zur simulativen Untersuchung der Auswirkungen auf den Netzbetrieb. Neben dem Betrieb einzelner Netzkopplungen soll auch ein koordinierter Betrieb über alle drei 110 kV-Ebenen hinweg untersucht werden. Es wird erwartet, dass der Einsatz von GÜ-Kopplungen die Kuppelstellen zum Übertragungsnetz entlastet und positive Auswirkungen auf die Spannungshaltung sowie die Verlustsituation im Verteilnetzbetrieb hat. Zudem wird das Potential diverser Systemdienstleistungen simulativ untersucht, die sich in einer Reduzierung von Redispatch- und Netzsicherheitsmaßnahmen äußern und das Engpassmanagement unterstützen. Die Ergebnisse werden in einer Kosten/Nutzen-Analyse zur ökonomischen Bewertung weiterverarbeitet.