Hintergrund

„Drei Größenordnungen schaffen eine neue Wissenschaft“ – so beschreibt der Teilchenphysiker Murray Gell-Mann, der Entdecker der Quarks, was Forscher bei ihrer Reise in die Welt des Aller­kleinsten erwartet. Und die Welt des Allerkleinsten, das ist für die Nanoforscher das Reich der Moleküle und Atome. Ihre Größenordnung sind Bruchteile von Nanometern – der Atomgitterab­stand von Kohlenstoff beträgt 0,246 nm. Das entspricht dem 1/300 000 eines Haardurchmes­sers. Im Bereich der Nanotechnologien schickt man sich an, Halbleiterstrukturen mit nahezu ato­maren Abmessungen zu produzieren auf Wafern mit hunderten Millimetern Durchmesser. Hierzu benötigt man natürlich Messinstrumente höchster Präzision. 
Zu den genauesten Längenmesssystemen zählen heute Laserinterferometer, wobei der hochge­naue „imaterielle“ Längenmaßstab durch die Laserlichtwellenlänge gebildet wird, die es ermög­lichen, bereits den 1 Millionsten Teil eines Haardurchmessers zu messen. Hier haben die Ilme­nauer Forscherinnen und Forscher um Prof. Eberhard Manske einen einzigartigen Beitrag ge­leistet. In nur zwei Jahren Forschungsarbeit ist es ihnen gelungen, die Messunsicherheit dieses Längenmaßstabes, also der Wellenlänge des verwendeten Laserlichtes, um den enormen Faktor 1000, also gleich um weitere drei Größenordnungen auf 10-12, zu verbessern. 
 

Direkte Verknüpfung von Meter und Sekunde in einer Präzisionsmessmaschine

Dies erreichten sie, indem sie einen speziellen Laser mittels modernster Frequenz-kammtechno­logie auf das hochpräzise Signal von GPS-satellitengetragenen Atomuhren geregelt und direkt und damit dauerhaft auf die Einheit der Sekunde rückgeführt haben. Bisher wurde die Längeneinheit durch die Genauigkeit der Wellenlänge der verwendeten Laser in den Präzisionslängenmesssys­temen bestimmt. Nach dem Stand der Technik können hier relative Unsicherheiten von 10-8 bis 10-9 erreicht werden.  Die Messunsicherheit der Sekunde, verkörpert durch die Frequenz der Atomuhren, ist allerdings um Zehn- bis Einhunderttausend Mal geringer.
Auf Basis langjähriger Erfahrungen auf dem Gebiet der Laserfrequenzregelung und –stabilisie­rung gelang es den Ilmenauer Forschern, einen normalen He-Ne-Laser direkt auf eine konstante Differenzfrequenz zu einer hochstabilen Kammlinie eines solchen Frequenzkammes mit Unsi­cherheiten von ca. 10-12 zu stabilisieren. Der große Vorteil besteht darin, dass diese enorme Ge­nauigkeit infolge der Kopplung zum GPS-Signal permanent zur Verfügung steht. Damit ist eine direkte und dauerhafte Rückführung der Laserwellenlänge als Längenmaßverkörperung auf das Zeitnormal, die hochgenaue Referenzfrequenz der GPS-Atomuhren, gegeben. 

Schließlich wurde die neue Qualität der Laserstabilität durch den Anschluss an die ebenfalls an der TU Ilmenau entwickelte Nanopositionier- und Nanomessmaschine NPMM-200, mit einem Messbereich von 200 mm x 200 mm x 25 mm und einer Auflösung von 20 pm (entspricht ein Zehntel Atomgitterabstand) auf eine direkte dreidimensionale Koordinatenmessung übertragen. Damit ist die Messkette für ein neues zehn Dekaden überspannendes Subnanometermessverfah­ren geschlossen.

Nanpositionier- und Nanomessmaschine NPMM-200 (links) und Frequenzkamm-stabilisierter He-Ne-Laser (rechts) über Lichtwellenleiter verbunden
Grundaufbau der Nanopositionier- und Nanomessmaschine für 10 Dekaden skalenübergreifende Messun­gen bis 20 pm

Die oben beschriebenen Forschungsergebnisse wurden veröffentlicht in:

/1/ Eberhard Manske, Thomas Fröhlich, Roland Füßl, Rostyslav Mastylo, Ulrike Blumröder, Paul Kö­chert, Oliver Birli, Ingo Ortlepp, Christof Pruß, Folker Schwesinger, Andreas Meister, "Scale spanning subnanometer metrology up to ten decades," Proc. SPIE 11056, Optical Measurement Systems for Industrial Inspection XI, 110560L (21 June 2019); doi: 10.1117/12.2526076

/2/ Paul Köchert, Ulrike Blumröder, Eberhard Manske, "Ultrastable metrology laser at 633 nm using an optical frequency comb," Proc. SPIE 10678, Optical Micro- and Nanometrology VII, 106780S (26 July 2018);
doi: 10.1117/12.2306907


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