Interview mit Katharina Schulz
"Du bist deines eigenen Glückes Schmied"
Katharina Schulz, Diplom Technische Physik, 2003 - 2008
Studium
Selbstverständlich die unzähligen und vielfältigen Möglichkeiten im Studium. Tatsächlich erinnere ich mich aber sofort auch an die schöne, sympathische Atmosphäre insgesamt. In der Freizeit gehörten dazu, zum Beispiel, die Studenten-Clubs in den Hauskellern. Sie waren oft das Highlight nach einem langen Studientag.
Ich bin mit meinem damaligen Freund (jetzt Mann) zum Studium nach Ilmenau gekommen. Wir haben anfangs in der Innenstadt gewohnt und später am Stadtrand, da es uns nicht primär auf das Stadtleben oder das Angebot einer Großstadt ankam. Man kann in Ilmenau sehr viel machen - wenn man will. Ein bisschen nach der Philosophie „Du bist deines eigenen Glückes Schmied“.
Ich wollte gerne Physik studieren, aber nicht nur Physik. Ich fand es sehr spannend, dass in Ilmenau der Studiengang „Technische Physik“ mit sehr vielen unterschiedlichen Komponenten angelegt war, mit dem Ziel gut auf einen Einstieg in der Industrie vorzubereiten.
Zwar waren nicht alle davon meine persönlichen Lieblingsgebiete, da auch „Elektrotechnik“ , “technisches Zeichnen” und “Signale & Systeme” dazu zählten - aber im Nachhinein betrachtet hat auch das Vorteile. Denn es erweitert die Kenntnisse über eigene Schwerpunkte und Interessen hinaus. Deshalb ist es genau das, was das Studium wertvoll für mich gemacht hat. Insbesondere mit Blick auf meine heutige Arbeit hat sich genau diese Vielfalt erneut als vorteilhaft erwiesen.
Ich habe außerdem sehr genossen, dass es eine kleine Uni ist und erinnere mich gut an Vorlesungen mit 4 Studenten und dem Professor – das ist einzigartig. Es ist ein sehr familiäres Gefühl. Jeder kennt jeden und dadurch gibt es einen engen Zusammenhalt.
Ich persönlich denke, jeder muss für sich entscheiden, was für ihn das Richtige ist. An einer sehr familiären Campus-Uni geht man nicht in der Masse verloren. Man ist sichtbar und hat guten Kontakt zu den Professoren und Dozenten. Ich weiß noch bis heute, dass ich hin und wieder den Rektor beim Einkaufen getroffen habe. Das für sich genommen ist noch nicht ungewöhnlich, aber er wusste genau, dass ich nicht nur irgendeine Studentin bin, sondern wir uns am nächsten Morgen wieder in seiner Vorlesung sehen würden. Die Uni ist klein und familiär, nicht groß und anonym.
"Nicht alle Module waren meine persönlichen Lieblingsgebiete, [...] aber im Nachhinein betrachtet hat auch das Vorteile. Es erweitert die Kenntnisse über eigene Schwerpunkte und Interessen hinaus."
Arbeit
Tatsächlich war das ein glücklicher Zufall oder Serendipity. Wir hatten eine Gastvorlesung von einem Mitarbeiter der heutigen Evonik. Er hat von seiner Arbeit, den Produkten und dem Unternehmen selbst erzählt. Ich kannte es bereits, da es Standorte in der Nähe meines Heimatortes gab. Trotzdem war ich positiv überrascht, dass es im Unternehmen auch für Physiker spannende Aufgaben gab. Eigentlich ja nicht ungewöhnlich, denn Evonik ist ein führendes Spezialchemieunternehmen und mit rund 33.000 Beschäftigten weltweit aktiv. 2007 habe ich dort mein Pflichtpraktikum absolviert. Und nach meiner Diplomarbeit an der Uni und dem Studienabschluss habe ich im Folgejahr in meiner früheren Praktikumsabteilung meine erste Stelle bei Evonik bekommen.
Ich habe damals in der Verfahrenstechnik mit dem Fokus auf Produktentwicklung und Innovation begonnen, was meinem technischen Studiengang sehr nahe lag. Nach einigen Jahren habe ich mich für eine Weiterentwicklung ins Controlling entschieden und bin nun seit kurzer Zeit Strategie-Referentin für Evonik. Ich nutze jetzt sicherlich nicht mehr mein Wissen, wie man Differentialgleichungen löst, aber die Vielfalt des Studiums und das Wissen, Probleme zu lösen, sind Dinge, die mir auch heute zugutekommen, um mich in unterschiedliche Menschen und verschiedene Disziplinen hineinzuversetzen.
Das wusste ich damals tatsächlich nicht. Für mich ging es bisher oft darum “die Gelegenheit beim Schopf zu packen”. Es waren manchmal auch glückliche Zufälle, die mich weitergebracht haben. Unverzichtbar ist aber immer, nicht bloß zu warten, sondern mit offenen Augen durch die Welt zu laufen, Gelegenheiten zu erkennen und zu nutzen. Es ist wichtig, neugierig zu sein bei vielen Dingen. Man sollte nie in Schubladen oder Grenzen denken. „Ich kann ja nur Physik, und Physik ist das Einzige, das ich kann“. Wichtig bleibt, breit zu denken: „Was kann ich? Was kann ich besonders gut, und woran habe ich Spaß?.
Erinnerungen
Wir hatten unsere Vorlesungen in den ersten Semestern immer morgens um sieben. Das empfand ich als prägend, denn man musste diszipliniert sein, es wirklich wollen.
Ich denke da zum Beispiel an die vielen Ausflüge in die Natur – zu Fuß, mit dem Rad, mit Ski. Ich bin selbst sehr sportlich, war viel joggen in den Wäldern rund um Ilmenau. Mein Mann und ich erzählen heute noch gerne unseren Kindern (6, 8) von den riesengroßen Schneebergen, die im Winter in Ilmenau lagen. Es sind so viele kleine Puzzlestücke, an die ich mich sehr gerne erinnere.
Wir sind nicht jedes Wochenende nach Hause gefahren. Schon allein deshalb nicht, weil ich angefangen hatte, Handball in Ilmenau im Verein zu spielen und am Wochenende regelmäßig Spiele stattfanden. Wir haben uns am Wochenende mit Freunden getroffen, gegrillt, gekocht, sind Fahrrad gefahren oder haben Ausflüge nach Erfurt unternommen.
Es ist schwierig, den absoluten Lieblingsplatz zu benennen. Bei meinen Laufrunden nach Manebach, am Freibad vorbei, kam man irgendwann an eine Brücke. Dort war man raus aus der Stadt. Ruhe. Naturgeräusche. Oft der Wendepunkt für meine Laufrunde - oder ich habe die Brücke nur genutzt, um die Perspektive auf die andere Flusseite zu wechseln. Vielleicht nicht direkt ein Lieblingsplatz, aber ein Platz der mir in Erinnerung geblieben ist! Die Ruhe der Natur war für mich schon immer ein schöner Ausgleich zum Studium oder zur Arbeit.
Ja, tatsächlich sind wir in Verbindung geblieben. Schon am Anfang meiner Arbeit war ich in Ilmenau für Gespräche zu einer möglichen Kooperation zwischen Evonik und der TU. Außerdem habe ich vor einigen Jahren an einer Job-Messe teilgenommen. Hin und wieder gab es auch Kontakte mit Studierenden, die sich für Evonik als Arbeitgeber interessieren. Und tatsächlich bin ich nicht die einzige Ilmenauer Absolventin, die bei Evonik arbeitet. Die Welt ist dann doch klein.
Man sollte ein Gefühl und einen Eindruck von der Universität bekommen. Für ein Gespräch vor Ort sein, an Schnuppertagen teilnehmen, mit Studierenden und Dozenten sprechen. Für Ilmenau wäre sicherlich ein perfekter Kennenlerntag, wenn die Sonne scheint, man auf dem Campus an der Mensa steht, den Blick Richtung Audimax und darum herum das Panorama des Thüringer Waldes und den Kickelhahn, und denkt sich: Wow, schön hier. Es kann ein solcher Moment sein oder ein inspirierendes Gespräch, aber in jedem Fall sollte es für jeden individuell spürbar passen.
Definitiv ja.
Möglichkeiten
Ein Netzwerk. Ich konnte sehr viele verschiedene Dinge ausprobieren, konnte mich vernetzen, musste es aber nicht. Und dieses Netzwerk kann jeder so eng und weit gestalten, wie er möchte.