Geschichte des Fachgebietes
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Prof. Dr. Hans Stamm, der Gründungsrektor der Hochschule für Elektrotechnik, plante von Anfang an entscheidende Erweiterungen an der Hochschule. Zentrale Planungsorgane hatten ihrerseits auch eine moderne Ingenieurausbildung für Feinmechanik und Optik erwogen. Da Thüringen eine lange Tradition auf diesem Gebiet hatte, entschied man sich, diese Ausbildung nach Ilmenau zu vergeben. Die entsprechende Struktur dieser neuzugestaltenden Fakultät Feinmechanik und Optik, für die es international noch kein Vorbild gab, wurde von Prof. Stamm zusammen mit Prof. Werner Bischoff, der viele Jahre Entwicklungshauptleiter der Carl-Zeiss-Werke Jena tätig war, erarbeitet. Prof. Bischoff war in der ersten Zeit an der Hochschule für die gesamten Forschungsaktivitäten verantwortlich. Da bei Zeiss eine starke Tradition auf dem Gebiet der Licht- und Farbmesstechnik vorhanden war, wurde auch die Fachrichtung Lichttechnik mit in das Konzept der Fakultät für Feinmechanik und Optik einbezogen.
Ende 1955 wurde zunächst eine Abteilung Lichttechnik gegründet, die am 1.5.1956 in das Institut für Lichttechnik umgewandelt wurde. Dr. Harald Beck wurde auf Antrag des Rektors Prof. Stamm zum Professor mit Lehrauftrag ernannt. Prof. Harald Beck hatte gleichzeitig auch die Leitung des Meininger Instituts für Plasmatechnik inne.
Mit der Vorlesung Beleuchtungstechnik wurde bereits 1957 Herr Dipl.-Ing. Ernst Riemann betraut. Als Schüler von Prof. Joachim Teichmüller hatte er u. a. in Karlsruhe Lichttechnik studiert. Er war vor dem 2. Weltkrieg bei der Firma OSRAM mit der Projektierung von Beleuchtungsanlagen beschäftigt. Ernst Riemann, 1965 zum nebenamtlichen Professor der TH Ilmenau ernannt, war der Herausgeber des VEM-Handbuches Beleuchtungstechnik, dem Standardwerk in der DDR.
Für die Vorlesung Lichterzeugungstechnik war von 1963 bis 1975 Herr Dr. Ernst Neumann von der Firma VEB Berliner Glühlampenwerk (BGW) verantwortlich. Der promovierte Physiker arbeitete auf dem Gebiet der Leuchtstoff- und Quecksilberhochdrucklampen.
Die Vorlesung Licht und Architektur hielt Prof. Kehler von der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar. Diese Vorlesung fand auch großes Interesse bei den Studenten anderer Fachrichtungen. Besonders stolz war Prof. Beck darauf, dass gelegentlich der namhafte Prof. Eberhard Buchwald von der Universität Jena Gastvorlesungen zur Farbenlehre hielt.
Für das Institut wurden für damalige Verhältnisse viele hochwertige technische Einrichtungen und Geräte angeschafft, oft über das Institut in Meiningen, das bevorzugt beliefert wurde. Bei diesen Aktionen kam das besondere Organisationstalent von Prof. Beck zum Tragen und es halfen auch dessen Privilegien, die in seinem Einzelvertrag verankert waren. So entstand innerhalb kürzester Zeit ein arbeitsfähiges Institut.
In Rahmen der Mitarbeit im Arbeitsausschuss Optische Signale im Verkehr, der im zentralen Arbeitskreis Lichttechnik angesiedelt war, wurde beschlossen, ein Farbmessgerät zu konzipieren und zu bauen. Dieses erste Dreibereichsfarbmessgerät der DDR wurde dann am Institut für Lichttechnik entwickelt. Dazu wurde zunächst ein spektrophotometrischer Messplatz geschaffen, mit dem man die spektralen Empfindlichkeiten der Selen- Photoelemente (Spezialelemente von Zeiss) bestimmen konnte.
Im Dezember 1962, also schon nach dem Mauerbau flüchtete Prof. Beck ganz unerwartet nach Westdeutschland und ließ die beiden Institute in Ilmenau und Meiningen verwaist zurück.
Prof. Karl-Otto Frielinghaus, der bis 1964 das Betriebslabor des DEFA-Filmstudios in Babelsberg leitete, war von 1965 bis Mitte 1968 kommissarischer Institutsdirektor. Viele folgende Arbeiten hatten daher einen starken Bezug zur Film- und Fernsehindustrie. Dabei ging es u.a. um die Studio- und Fernsehbeleuchtung, sowie die Güte von visuellen Projektoren (optische und lichttechnische Parameter).
Als Perspektive für das Institut wurde die Lichtmessung gesehen, und da vor allem die Farb- und automatisierte Spektralmessung. Die Weiterentwicklung des Dreibereichsfarbmessgerätes stand dabei im Vordergrund der Arbeiten. Dies erschien besonders für die Signalfarbenindustrie, die Signalkörperherstellung für die NVA, die Glasindustrie (Schott-Farbfilter) und für Projektionsoptiken wichtig. In dieser Zeit gab es die ersten Lieferschwierigkeiten für Material und Geräte aus Westdeutschland. Die notwendigen Messgeräte mussten z.T. selbst hergestellt werden, was wiederum eine effiziente Forschung behinderte.
Am 1.3.1965 kam Dr. Manfred Riemann vom Institut in Meinigen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Institut nach Ilmenau. Mit ihm wurde vertieft wissenschaftlich gearbeitet. Er beförderte vor allem die Messtechnik und Themen der Lichterzeugung (Plasmaphysik). Die Vorlesungen Licht- und Farbmesstechnik bzw. Physik und Technik der Gasentladung wurden jetzt von ihm gehalten.
Nach der Ernennung zum Hochschuldozenten übernahm Dr. Manfred Riemann am 1.3.1968 die Leitung des Instituts. Manfred Riemann begann seinen beruflichen Werdegang in der Fa. Carl- Zeiss Jena. Diese Zeit hat ihn stark geprägt. Seine fundierten Kenntnisse auf dem Gebiet der Optik und Messtechnik resultieren aus dieser Tätigkeit. Riemanns Kenntnisse auf dem Gebiet der Mischplasmen waren besonders bei der Entwicklung von Metallhalogendampflampen in der Firma NARVA Berlin gefragt.
Im Rahmen der 3. Hochschulreform wurden die vorhandenen Fakultäten in Sektionen umgewandelt. Das Institut für Lichttechnik wurde in die Sektion Physik und Technik elektronischer Bauelemente eingegliedert und verschwand als eigenständiges Institut. Die „Gastrolle“ in der Elektronik erwies sich insofern als gut, da das Gebiet der Optoelektronik mit in das Blickfeld der Lichttechnik kam. Nach der Reform hatte die Forschung ihren Schwerpunkt bei optischen Themen für die Mikroelektronik.
Seit 1973 bietet das Fachgebiet das Weiterbildungsstudium „Lichtanwendung“ an. Es wurde vom damaligen Mitarbeiter und späteren Lehrstuhlinhaber Dr. Dietrich Gall konzipiert und organisiert. Das Ziel des Studiums ist es, Fachleute auf dem Gebiet der Lichtanwendung weiterzubilden.
Die Wende brachte viele Veränderungen. Bereits im Herbst 1989 nahm man Kontakt zu den Lichttechnischen Instituten in Karlsruhe und Berlin auf. Es gab gegenseitige Kontakte und Besuche und einen Studentenaustausch. 1992 wurden erstmals Forschungsergebnisse des Fachgebiets auf der Tagung LICHT in Saarbrücken vorgestellt. Das Fachgebiet Lichttechnik entschied sich 1990 zum Wechsel an die Sektion Gerätetechnik, die dann später in der Fakultät für Maschinenbau angesiedelt wurde. Dort war man wieder mit dem Fachgebiet Optik zusammen, was fachlich gut passte. Es prägte das besondere Profil der Ilmenauer Lichttechniker, mit einem konstruktiven Element in der Ausbildung.
Eine erste Auftragsforschung für die lichttechnische Industrie wurde 1991-1993 noch im unsanierten Curie-Bau, dem damaligen Sitz des Fachgebiets, durchgeführt. Untersucht wurden die psychologische Blendung verschiedener tiefstrahlender Leuchten mit hoher Leuchtdichte und die Eignung des UGR-Verfahrens zur Blendungsbewertung.
1993 konnte das Fachgebiet ein Gebäude im Unteren Berggraben beziehen. Damit waren alle Mitarbeiter, insgesamt waren es jetzt 10, endlich wieder in einem Gebäude vereint. Die Forschungsschwerpunkte lagen jetzt in den Bereichen der ortsauflösenden Lichtmessung und der Gütemerkmale der Beleuchtung. Im Jahre 1991 wurde von Prof. Riemann die Idee entwickelt, mit bildauflösender Leuchtdichtemesstechnik Lichtstärkeverteilungen im Nahfeld zu messen. Gegenüber der Fernfeldmessung ergibt sich als ein wesentlicher Vorteil ein deutlich reduzierter Platzbedarf für das Messgerät.
Zur Unterstützung des Fachgebiets wurde 1991 der Verein zur Förderung des Fachgebiets Lichttechnik gegründet. Seitdem hat sich der Verein zu einer Einrichtung mit rund 100 persönlichen und korporativen Mitgliedern entwickelt. In dieser Zeit unterstützte er das Fachgebiet nicht nur finanziell, sondern förderte auch eine enge Verbindung zu Fachleuten und Gremien.
Ebenfalls im Jahr 1991 fand in Ilmenau die Gründung der Bezirksgruppe Thüringen- Nordhessen der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft e.V. (LiTG) statt. Mit ihr zusammen organisiert das Fachgebiet bis heute eine Vielzahl von Vortragsveranstaltungen wie etwa den Ilmenauer Lichttag, sowie Tagungen. Eine der erfolgreichsten ist die 1993 ins Leben gerufene und alle zwei Jahre stattfindende Tagung Lux junior.
Seit 1993 befindet sich die Geschäftsstelle der damals neu gegründeten Deutschen Akademie für Photobiologie und Phototechnologie e.V. (DAfP) am Fachgebiet Lichttechnik.
1995 ging Prof. Manfred Riemann in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Prof. Dr. Dietrich Gall, der 1990 zum Professor berufen wurde und die Fachgebietsleitung schon seit 1994 innehatte. Prof. Gall war zu diesem Zeitpunkt auch Prorektor für Wissenschaft der TU Ilmenau. Von 1990 bis 1994 war er Präsident des Landkreises Ilmenau und kommunalpolitisch sehr aktiv. Für dieses Engagement wurde er 1997 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Prof. Gall erweiterte die Forschungsschwerpunkte um psycho-physiologische Untersuchungen zur Wirkung von Beleuchtung auf den Menschen und deren messtechnische Erfassung. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde so 1993-1995 ein Leuchtdichteanalysator entwickelt, mit dem man u.a. die Blendung von Leuchten (UGR-Werte) messen kann. Weitere Forschungsthemen waren die Einzelplatzbeleuchtung, Licht in Zusammenhang mit Unfallgeschehen sowie Beleuchtung für geringe Sehanforderungen. Später kamen auch die Themen Tageslicht und Kraftfahrzeugbeleuchtung hinzu.
Mit dem Aufkommen der Leuchtdiode für Beleuchtungszwecke, aber auch für die Medientechnologie wurden die Farbmetrik und die Farbwahrnehmung zunehmend wichtiger. Auch das Thema "Licht und Gesundheit" spielte immer wieder eine Rolle, Dr. Joachim Fisch initiierte dazu 2001 eine Literaturstudie. Auf dem Gebiet der chronobiologischen Lichtwirkungen war Prof. Gall einer der ersten, die dieses Thema für die Lichtanwendung forcierten. Während der Leitung durch Prof. Gall entwickelte sich das Fachgebiet entsprechend den aktuellen Anforderungen stetig weiter. Unter seiner Leitung entstanden unzählige studentische Arbeiten, sowie 14 Dissertationen.
2005 ging Prof. Gall in den Ruhestand. Die Fachgebietsleitung übernahm kommissarisch Dr. Cornelia Vandahl. Die Internationale Beleuchtungskommission CIE legte auf die Weiterbesetzung des Lehrstuhls großen Wert und warb dafür beim Rektor. In ähnlicher Weise engagierten sich der Förderverein des Fachgebiets und viele regionale Firmen. Ende 2005 wurde die Neubesetzung ausgeschrieben. Die große Anzahl der Bewerber für den Lehrstuhl war ein Beweis dafür, dass das Fachgebiet national und international anerkannt ist. Im August 2006 ging der Ruf an Dr. Christoph Schierz von der ETH Zürich.
Nachdem Prof. Dietrich Gall 2015 in den Ruhstand gegangen war, wurde die Professur neu ausgeschrieben. Im August 2006 ging der Ruf an Dr. Christoph Schierz. Er studierte Physik an der ETH Zürich mit Schwerpunkt Optik und Atmosphärenphysik. Danach arbeitete er am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Seine dort erstellte Dissertation behandelt die Wirkung von Lichtspektren auf den Sehvorgang, einem Thema zur Ergonomie der Arbeitsplatzbeleuchtung. Weitere Untersuchungen zur Wechselwirkung zwischen Licht und Mensch folgten. Diese bilden zusammen mit der Licht- und Farbmesstechnik auch heute die Forschungsschwerpunkte am Fachgebiet Lichttechnik.
Die Anwendung der Leuchtdiode (LED) für Beleuchtungszwecke brachte viele neue Forschungsthemen hervor. Die Forschungsaufgaben sind zum einen technischer Art, wie das Wärmemanagement oder die optische Lichtlenkung. Zum anderen sind solche LEDs klein aber grell, in Helligkeit und Farbe flexibel veränderbar und weisen neue Lichtspektren auf. Dies erfordert neue Bewertungs- und Messmethoden für Beleuchtungssysteme. Sogar die seit über 80 Jahren grundlegenden Methoden der Photometrie und der Farbmetrik werden mit der LED in Frage gestellt. Zur Untersuchung all dieser Aspekte haben sich 2009 die vier deutschen universitären lichttechnischen Fachgebiete in Berlin, Darmstadt, Karlsruhe und Ilmenau zu einem gemeinsamen, BMBF-geförderten Forschungsprojekt „UNILED“ zusammengetan.
Auch in anderen Projekten wird eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Kollegen gepflegt. In Ilmenau konnten damit traditionelle Forschungsthemen zur Farbwiedergabe, zur Blendungsbewertung und zur Farb- bzw. Helligkeitshomogenität mit Probandentests und ortsauflösender Messtechnik fortgeführt werden. Das Projekt UNILED wurde 2014 erfolgreich beendet. Dass die Themen zur LED damit noch lange nicht erschöpft sind, zeigt der Start eines neuen gemeinsamen Projekts UNILED2 mit neuen Schwerpunkten und Firmenpartnern wie OSRAM (Augsburg), OSRAM-OS (Regensburg), TechnoTeam (Ilmenau), Diehl Aerospace (Nürnberg) und Zumtobel (Dornbirn). Entwicklungsprojekte in Verbindung mit LEDs finden sich in Firmenkooperationen etwa zu adaptiven Systemen für Kfz-Scheinwerfer, Industriehallenleuchten, farbiges Licht in Flugzeugkabinen, für die Beleuchtung nasser Straßen oder für die Beleuchtung an Elektrofahrrädern.
2008 fand in Ilmenau die 18. Gemeinschaftstagung LICHT der deutschsprachigen Lichttechnischen Gesellschaften statt. Mehr als 450 Teilnehmer informierten sich über den neuesten Stand in der Lichttechnik, wie zum Beispiel über Lampen, Innen- und Außenbeleuchtung, Lichtimmissionen, Ökonomie, Gesundheit, Licht und Alter, Farbgestaltung oder Kfz-Beleuchtung. Viele besuchten auch die parallel dazu stattfindende Ausstellung „Faszination Farbe – Faszination Licht“ in der Fischerhütte.
Im Zuge der räumlichen Konzentration von Universitätseinheiten konnte das Fachgebiet Lichttechnik 2008 in das „Helios“ genannte Gebäude umziehen. Dieses bietet nicht nur einen passenden Namen für das Fachgebiet, sondern erweiterte auch die inzwischen beengt gewordenen Platzverhältnisse am Unteren Berggraben. Derzeit arbeiten am Fachgebiet 3 wissenschaftliche und 3 technisch-administrative Mitarbeiter, sowie 2 Doktoranden. Hinzu kommen 8 externe Doktoranden, die bei Firmenpartnern arbeiten, aber vom Fachgebiet Lichttechnik betreut werden. Prof. Schierz und seine Mitarbeiter halten weiterhin die Tradition der aktiven Teilnahme an Fach- und Normungsgremien aufrecht, die dem Bekanntheitsgrad des Fachgebiets und seiner Arbeit zu Gute kommt.